Unter gewissen Umständen erscheint es sinnvoll, einen Teil des Familienvermögens schon zu Lebzeiten an die nächste oder übernächste Generation weiterzugeben. Dies setzt aber voraus, dass die Schenkenden eine solide Einkommensplanung haben, damit sie ihre eigene finanzielle Unabhängigkeit nicht gefährden. Mittels eines Erbvertrags können mit einer oder mehreren Personen bindende Abmachungen über den Nachlass getroffen werden. Die Anordnung des Erblassers wird hierbei erst im Zeitpunkt seines Todes wirksam.
Damit der Erbvertrag formgültig zustande kommt, bedarf es denselben Formvoraussetzungen wie beim öffentlichen Testament. Gemäss Art. 499 ff. ZGB erklären die Vertragsparteien ihren übereinstimmenden Willen vor einer Urkundsperson und zwei Zeugen, wobei der Wille mit Unterzeichnung des Vertrags rechtsgültig wird. Grundsätzlich wird zwischen einem Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag sowie dem Erbverzichtsvertrag unterschieden. Im Falle eines Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag setzt der Erblasser den Vertragspartner als Erben bzw. als Vermächtnisnehmer ein (Art. 494 Abs. 1 ZGB). Bei einem Erbverzichtsvertrag verzichtet ein gesetzlicher Erbe auf zukünftige erbrechtliche Ansprüche. Ein effektiver Erbverzicht liegt vor, wenn der Erbverzicht ohne Gegenleistung des Erblassers erfolgt. Dies ist zu Lebzeiten oder auf den Tod hin möglich. Findet der Erbverzicht im Austausch einer Gegenleistung des Erblassers zu Lebzeiten oder auf den Tod hin statt, so liegt ein entgeltlicher Erbverzicht/Erbauskauf vor.
Gemäss Art. 494 Abs. 3 ZGB gilt, dass Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungen, die mit den Verpflichtungen des Erblassers aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, der Anfechtung unterliegen. Hierbei ist jedoch nicht jede Schenkung anfechtbar. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Schenkung grundsätzlich mit dem Erbvertrag vereinbar, sofern dieser nichts Gegenteiliges vorsieht. Fehlt eine entsprechende Abrede, kommt Art. 494 Abs. 3 ZGB zur Anwendung, wenn bewiesen werden kann, dass der Erblasser mit der Schenkung offensichtlich beabsichtigt, seine Verpflichtungen aus dem Erbvertrag auszuhöhlen oder den Erbvertragspartner zu schädigen. Eine Anfechtung ist folglich nur bei einer klar nachweisbaren Schädigungsabsicht des Erblassers einschlägig.
Nach neuem Recht können Zuwendungen zu Lebzeiten des Erblassers, welche mit dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, auch ohne eine klar nachweisbare Schädigungsabsicht angefochten werden. Hiernach muss in einem Erbvertrag die Schenkungsfreiheit des Erblassers explizit vorbehalten sein, um eine mögliche Anfechtung der Zuwendungen zu Lebzeiten zu verhindern.
Zu bemerken ist, dass dieser Beitrag keine abschliessende Rechtsberatung darbietet. Wir empfehlen Ihnen ein Gespräch zu erbrechtlichen Themen mit unseren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten für Erbrecht in Zürich, St.Gallen oder Frauenfeld zu vereinbaren.