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Whistleblowing-Wegweiser

Mitarbeitende, welche auf unternehmensinterne Missstände und Korruption hinweisen, werden als Whistleblower bezeichnet. Spätestens seit der Skandal rund um Whistleblower Edward Snowden und den US-amerikanischen Geheimdienst publik gemacht wurde, sollte «Whistleblowing» den meisten Personen —insbesondere jedoch den Mitarbeitenden multinationaler Unternehmen — ein Begriff sein. Korruption stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für Unternehmen dar. Die rechtlichen Konsequenzen beinhalten je nach Jurisdiktion Geldstrafen in unbegrenzter Höhe oder allenfalls Freiheitsstrafen für Angestellte in Führungspositionen. Obwohl Sie als Whistleblower dementsprechend mit Ihrer Meldung im besten Interesse des Unternehmens handeln, gehen Meldungen oftmals mit ernsthaften Risiken wie einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder unternehmensinterner Ausgrenzung einher. Dessen müssen sich alle potentiellen Whistleblower bewusst sein.

In der Schweiz sind interne Meldungen grundsätzlich zulässig, jedoch gehen die Gesetze nicht explizit auf Whistleblowing ein. Allfällige Probleme könnten aus arbeitsrechtlichen Vorschriften wie beispielsweise Interessenwahrungs- und Geheimhaltungspflichten entstehen. Arbeitnehmenden ist es in diesem Fall untersagt, Informationen über den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin an Dritte weiterzugeben, selbst wenn diese/r gesetzeswidrig handelt. Allenfalls könnte zwar ein höherrangiges Interesse Dritter oder der Öffentlichkeit eine Strafanzeige gegen den Arbeitgeber rechtfertigen. Dies wird jedoch im Einzelfall entschieden, da nicht klar definiert ist, was ein höherrangiges Interesse ausmacht. Kommt es zu einer Entlassung, liegt es an dem oder der Arbeitnehmenden, die Unrechtmässigkeit derselben nachzuweisen. Whistleblower sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass ausgezahlte Entschädigungen in der Praxis meist zwei Monatsgehälter nicht übersteigen. Demzufolge werden Whistleblower in der Schweiz nur eher schwach geschützt. Tatsächlich werden Whistleblower oftmals noch für ihr Handeln bestraft.

Was können Sie also tun, wenn Sie Missstände im eigenen Unternehmen beobachten? Sie sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass Ihre Meldung als Angriff auf die betreffenden Mitarbeitenden oder das Unternehmen wahrgenommen werden könnte. Daher sollten Sie sich vorab Gedanken über langfristige Karriereziele machen und mögliche Konsequenzen mit einer Vertrauensperson besprechen. Insbesondere ein Gang an die Medien kann unter Umständen negative Folgen für die berufliche Zukunft haben. Das Risiko einer Entlassung muss auch abgewogen werden. Es empfiehlt sich, alle Beobachtungen genauestens zu dokumentieren, jedoch sollten hierzu nicht Firmen-PC, -Handy und -E-Mail Account verwendet werden, da diese Daten gegen Sie verwendet werden können. Ausserdem sollten Sie sich Verbündete innerhalb der Firma suchen, welche allenfalls auch Missstände beobachtet haben. Die Chance, dass Ihre Meldung einen Wandel im Unternehmen bewirkt, ist grösser, wenn Sie in der Gruppe handeln. Ausserdem sollten Sie als Whistleblower in Erwägung ziehen, frühzeitig einen Anwalt für Compliance oder Wirtschaftsrecht zu konsultieren.