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Neutralitätsvereinbarkeit der Schweizer Kandidatur als Nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates

Die Schweiz trat 2002 als erstes Land per Volksinitiative der UNO bei. Nun hat sich die Schweiz nach 9 Jahren um Mitgliedschaft für einen Sitz als nichtständiges Mitglied beworben. Ist dies vereinbar mit der Schweizer Neutralität? Eines der mächtigsten Organe der UNO ist der UNO Sicherheitsrat. Er hat 5 ständige Mitglieder (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und zehn nichtständige Mitglieder, welche jeweils für zwei Jahre gewählt werden. Der Sicherheitsrat kann verbindliche Beschlüsse für alle Mitglieder fassen. Zudem ist er für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zuständig. Im Falle einer Bedrohung kann er Mittels Vermittlung zwischen Konfliktparteien oder militärischen Zwangsmassnahmen in die territoriale Integrität eines Staates eingreifen. Ein Sitz im Sicherheitsrat kann somit das politische Weltgeschehen im Bezug auf Krieg und Frieden aktiv mitgestalten.

Die Schweiz hat sich bereits im Jahr 2011 für einen Sitz als nichtständiges Mitglied des UNO Sicherheitsrates für das Jahr 2023/2024 beworben. Diese Bewerbung beruht auf der Überzeugung, dass ein Sitz im Sicherheitsrat vielzählige Möglichkeiten für die Schweiz eröffnet. Die Schweiz kann in einer internationalen Organisation durch Verfolgung ihrer eigenständigen Aussenpolitik ihre Werte einbringen, ihre Glaubwürdigkeit stärken und Interessen verfolgen. Selbst in der Bundesverfassung steht im Zweck niedergeschrieben, dass sich die Schweiz für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung einsetzt. Dieser Zweck könnte somit durch einen Sitz im Sicherheitsrat aktiv verfolgt werden. Doch die Hauptproblematik liegt in der Neutralität der Schweiz. So ist in Art. 185 BV festgehalten, dass der Bundesrat Massnahmen zur Wahrung der Neutralität trifft. Der Neutralitätsbegriff selbst ist jedoch nicht umfassend definiert, sondern beinhaltet aufgrund des Haager Abkommens lediglich die Enthaltungspflicht von militärischen Konflikten. In Bezug auf die Entscheidungsqualifikation wurde die Neutralität nicht geklärt. So entsteht eine Diskrepanz der Auslegung des Begriffes Neutralität.

Die Gegner der Bewerbung argumentieren, dass durch einen Sitz keine neutrale Position mehr eingenommen werden kann, da häufig Entscheidungen über Sanktionen sowie militärische Interventionen anfallen. Diese Bewerbung widerspreche dem jahrhundertealten Neutralitätsprinzip. Ebenfalls unterliegen die UNO Entscheide häufig den machtpolitischen Mehrheitsverhältnissen womit die UNO nicht als unparteiisch angesehen werden kann. Der Bundesrat hingegen argumentiert, dass neutrale Staaten auch im Sicherheitsrat Einsitz nehmen können und damit Mitverantwortung für Frieden und Sicherheit in der Welt übernehmen. Der Sicherheitsrat sei ein geeignetes Gremium, um über eine friedliche und gerechte internationale Ordnung zu diskutieren.

Auch bereits getragene internationale Sanktionen in der Vergangenheit gegenüber anderen Staaten konnte die Neutralität der Schweiz nicht verletzen. Da die UNO ebenfalls auf einem System von Gewaltverbot basiert, decken sich auch die Mittel zur Erreichung von Frieden. Zudem würde eine Mitgliedschaft eine Plattform bieten, um die altbewährte Rolle als unparteiische Brückenbauerin wahrzunehmen und international zu nutzen.

Feststeht, dass der Bundesrat sowie das Parlament für die Aussenpolitik zuständig sind und die Kandidatur nach umfangreichen internen Konsultationen beschlossen wurde. Zudem unterstehen Beschlüsse des Bundesrates weder dem fakultativen noch dem obligatorischen Referendum. Somit entscheidet der Bundesrat im Rahmen seiner Zuständigkeit über eine Kandidatur für einen nichtständigen Sitz im UNO Sicherheitsrat.