Das Sachenrecht kennt eine Vielzahl an Schadenersatzansprüchen. Einige davon beziehen sich auf das Eigentumsrecht. Das Eigentum ist gesetzlich in Art. 641 ZGB normiert und bezeichnet das Recht, welches seinem Träger die umfassende und ausschliessliche Herrschaft über sein Eigentum gibt. Es handelt sich dabei also um ein dingliches Recht, welches als absolutes Recht gegenüber jeder natürlichen sowie juristischen Person („erga omnes“) geltend gemacht werden kann. Zudem ist das Eigentum ein unbeschränktes dingliches Recht, das dem Inhaber eine umfassende Sachherrschaft gewährt.
Aus dieser Umschreibung ergeben sich zwei Befugnisse. Einerseits die Verfügungsmacht über die Sache (Art. 641 Abs. 1 ZGB) und andererseits das Recht, die Sache von jedem der sie vorenthält, herauszuverlangen und ungerechtfertigte Einwirkungen abzuwehren (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Eine Besitzstörung im Eigentum liegt also bspw. vor, wenn jemand auf einem fremden Grundstück parkiert, das Grundstück unerlaubt betritt oder darauf einwirkt. Daher stellt sich die Frage, wie ein betroffener Eigentümer rechtlich dagegen vorgehen kann. In einem solchen Fall stehen dem Eigentümer oder der Eigentümerin die Eigentumsfreiheitsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB sowie die Klage aus Besitzstörung nach Art. 928 ZGB und die Klage nach Art. 679 ZGB offen, sofern es sich um einen Nachbarn i.S.d. Gesetzes handelt.
Eigentumfreiheitsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB
Auch als actio negatoria bekannt ist die Klage die der/die beeinträchtigte EigentümerIn mit dem Ziel, ungerechtfertigte Eingriffe in sein oder ihr Eigentum abzuwehren, gegen den Störer erhebt. Als Voraussetzung bedarf es lediglich einer Einwirkung durch eine fremde Person. Als Einwirkungen gelten alle tatsächlichen und rechtlichen Einschränkungen oder Eingriffe in die Sachherrschaft des Eigentümers. Anzumerken ist, dass die Einwirkung keine Schädigung sein muss. Weiter muss sie widerrechtlich erfolgt sein und darf nicht von einer Ausübung des Eigentumsrechts eines Nachbargrundstücks ausgehen, da ansonsten Art. 679 ZGB dem Art. 641 Abs. 2 ZGB als lex specialis vorgeht. Ziel der Eigentumsfreiheitsklage ist die Erhaltung des Eigentums im ungestörten Zustand. Deswegen richtet sich die Klage entweder auf Beseitigung einer bestehenden Beeinträchtigung oder auf Unterlassung einer drohenden Störung. Durch Art. 641 Abs. 2 ZGB kann aber niemals Schadenersatz geltend gemacht werden.
Klage aus Besitzschutz (Besitzstörung gem. Art. 928 ZGB)
Der Besitzschutz wird in den Art. 926–929 ZGB geregelt. Dabei bildet die Störung des Besitzes durch verbotene Eigenmacht den gemeinsamen Tatbestand. An diesen Tatbestand knüpft das Gesetz je nach Art der Störung verschiedene Rechtsfolgen, welche der Störungsabwehr dienen. Namentlich erfolgt die Störungsabwehr durch das Abwehrrecht (Art. 926 ZGB), die Klage aus Besitzentziehung (Art. 927 ZGB) oder die Klage aus Besitzstörung (Art. 928 ZGB). Ein Schadenersatzanspruch ergibt sich aber lediglich aus Art. 928 ZGB. Laut Art. 928 ZGB richtet sich die Klage auf Beseitigung bestehender Störungen und Unterlassung künftiger Störungen. Ein Beseitigungsanspruch ist nur gegeben, wenn die Störung andauert, wie namentlich bei ständig erfolgenden Immissionen. Auf Unterlassung künftiger Störungen kann lediglich geklagt werden, wenn diese konkret drohen und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Weder die Beseitigungsklage noch die Unterlassungsklage setzen ein Verschulden des Beklagten voraus. Neben dem verschuldensunabhängigen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch kann der Besitzer nach Art. 928 Abs. 2 ZGB auch einen Schadenersatzanspruch geltend machen. Gemäß h.L. handelt es sich bei diesem Anspruch um eine Verweisung auf Art. 41 OR, wodurch ein Verschulden erforderlich wird.
Verantwortlichkeitsklage des Grundeigentümers nach Art. 679 ZGB
Art. 679 Abs. 1 ZGB stellt eine Kausalhaftung für Verletzung von Eigentümerpflichten gegenüber dem Grundeigentümer oder der Grundeigentümerin dar. Sie erfordert jedoch, dass der/die GrundeigentümerIn sein Eigentumsrecht überschreitet und daraus ein Schaden bei einem Dritten droht oder resultiert. Eine Überschreitung des Eigentumsrechts i.S.v. Art. 679 ZGB resultiert aus der Missachtung des Nachbarrechts (Art. 684 ff. ZGB). Zu beachten ist dabei, dass die Überschreitung des Eigentumsrechts nur in einem menschlichen Verhalten liegen kann, welches mit der Nutzung des Grundstücks zusammenhängt. Für reine Untätigkeit oder Einwirkungen, die auf einem Naturereignis beruhen, haftet der/die GrundeigentümerIn nicht. Weiter muss sich die Einwirkung vom Ursprungsgrundstück auf ein anderes Grundstück auswirken. Da aber der Begriff des Nachbarn, wie oben bereits erklärt, weit gefasst wird, ist eine unmittelbare räumliche Angrenzung der betreffenden Grundstücke nicht erforderlich. Wie bereits erwähnt, bedarf es für eine solche Klage nach Art. 679 Abs. 1 ZGB zusätzlich zur Überschreitung des Eigentumsrechts einen Schaden. Hinsichtlich der Intensität reicht eine Beeinträchtigung von Personen oder Mobiliar bereits aus; eine Substanzschädigung ist also nicht notwendig. Ungeachtet dessen muss die Schädigung aus einer adäquaten kausalzusammenhängenden Überschreitung des Eigentumsrechts resultieren.
Dem/der Geschädigten stehen verschiedene Rechtsbehelfe zur Verfügung, wenn der Tatbestand nach Art. 679 Abs. 1 ZGB erfüllt ist. So kann er die Beendigung einer noch anhaltenden Störung mit der Beseitigungsklage verlangen. Mittels der Unterlassungsklage ist es ihm möglich, sich gegen eine zu befürchtende Wiederaufnahme oder Fortsetzung einer früher erfolgten Störung zu wehren. Gegen erst drohende Störungen, die noch nicht eingetreten, aber mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, hat der Geschädigte die Möglichkeit, eine Präventivklage zu erheben. Mit der Feststellungsklage hingegen kann z.B. die Unzulässigkeit einer Immission gerichtlich festgestellt werden, falls ein entsprechendes Feststellungsinteresse vorliegt. Ausserdem sieht Art. 679 Abs. 1 ZGB eine Schadenersatzklage vor, mit welcher Vermögenseinbussen aus Eigentumsüberschreitungen zu entschädigen sind. Die Vermögenseinbussen müssen einen Schaden i.S.v. Art. 41 OR darstellen, bspw. durch das Sinken des Verkehrs- oder Ertragswerts des betroffenen Grundstücks. Im Gegensatz zu Art. 41 OR muss der Schaden jedoch zwingend durch die Überschreitung der aus dem Grundeigentum fliessenden Nutzungsrechte verursacht worden sein.
Fazit
Abschliessend lässt sich festhalten, dass das Sachenrecht diverse unterschiedliche Rechtsbehelfe kennt, um einer allfälligen Eigentumsstörung von Grundstücken zu begegnen. Um zu bestimmen, welche Norm zur Anwendung kommt, muss zuerst geprüft werden, ob es sich im konkreten Fall um einen Verstoss gegen das Nachbarrecht handelt. Ausserdem kann der Grundeigentümer seinen Schadenersatzanspruch auch auf Art. 928 ZGB stützen. Sowohl bei der Eigentumsfreiheitsklage als auch bei der Klage aus Besitzstörung richtet sich der Schadenersatzanspruch nach Art. 41 OR. Folglich stehen dem Grundeigentümer je nach Sachverhalt verschiedene Rechtsgrundlagen zur Verfügung, um einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen. Sämtliche korrespondierenden Fragen kann Ihnen eine Anwältin oder ein Anwalt für Eigentumsrecht an einem unserer Standorte in St. Gallen, Frauenfeld und Zürich beantworten.