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Whistleblowing – Verfahrensrechtliche und dogmatische Probleme bei der Umsetzung der EU-Richtlinie

In den letzten Jahren hat Whistleblowing an Bedeutung gewonnen, was zur Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2019 zum Schutz von Personen, welche Verstösse gegen das Unionsrecht melden (WB-RL), führte. Die Umsetzung in Deutschland sollte dieses Jahr geschehen. Im vorliegenden Artikel wird beschrieben, welche Probleme dabei entstehen, die den intendierten Schutz des Whistleblowers in Frage stellen. Geschrieben wurde der Beitrag von Dr. Dr. Fabian Teichmann, LL.M., Rechtsanwalt in St. Gallen.

Whistleblower oder Hinweisgeber sind natürliche Personen, die erlangte Informationen über Verstösse im Zusammenhang mit ihren Arbeitstätigkeiten melden oder offenlegen. Weltweit haben beispielsweise die Fälle von Snowden, Assange und Manning für grosses Aufsehen gesorgt.

Whistleblowing an sich hat viele Vorteile. Es trägt dazu bei, Transparenz zu schaffen und Straftaten zu bekämpfen. Insbesondere bei Korruption gilt es als effektives Mittel. Da Bestechungsvorgänge keine klassische Täter-Opfer-Rollenverteilungen haben, werden sie selten von Betroffenen zur Anzeige gebracht.

Gesetzgeber aus aller Welt und auch im deutschsprachigen Raum haben Bemühungen unternommen, um Whistleblowing zu fördern und Whistleblower zu schützen. In den Anwendungsbereich der erwähnten EU-Richtlinie fallen auch Verstösse, welche Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie die Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung betreffen. Diese Bereiche unterliegen regelrecht den geschützten Berufsgeheimnissen. Gemäss den Befunden kann festgehalten werden, dass zahlreiche Berufsgeheimnisse beeinträchtigt werden. Vorbehalten werden anwaltliche, ärztliche und richterliche Berufsgeheimnisse. Allerdings fallen Finanzdienstleister, Notare und Anwälte in den sachlichen Anwendungsbereich. Somit nimmt die Richtlinie Einfluss auf das Strafrecht, insbesondere auf die Grenzen von Art. 203 StGB.

Mit der Schweiz als Beispiel wird verdeutlicht, dass die Richtlinie über ihr Ziel hinausschiesst. Mit Ausnahme von Art. 22a des Bundespersonalgesetzes wird in der Schweiz dem Whistleblower kein expliziter gesetzlicher Schutz gewährt. Es ergibt sich jedoch aus den Meldepflichten der Finanzdienstleister nach Art. 9 des schweizerischen GwG, dass nicht nur die Leitungsebene, sondern jeder einzelne Bankmitarbeitende, welcher Bankgeschäfte abwickelt, ein Melderecht hat. Hiermit ist gewährleistet, dass jederzeit eine straflose Meldung an die Meldestelle für Geldwäscherei vorgenommen werden kann.

Bei Fragen können Sie sich gerne an unsere Anwältinnen und Anwälte für Strafrecht in Zürich, St. Gallen und Frauenfeld wenden.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. (2021). Whistleblowing – Verfahrensrechtliche und dogmatische Probleme bei der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937. Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, 9(186), 527–536.