Der Artikel behandelt die Wirksamkeit von Sanktionen im Lichte der wirtschaftlichen Massnahmen gegen Russland als Reaktion auf die Invasion der Ukraine. Der Artikel wurde von Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann in Zusammenarbeit mit Chiara Wittmann verfasst und im Journal of Financial Crime im August 2022 veröffentlicht. Die Invasion der Ukraine durch russische Truppen zu Beginn des Jahres 2022 hat die internationale Gemeinschaft dazu bewegt, wirtschaftliche Sanktionen gegen den Aggressor zu verhängen, wobei sich hauptsächlich westliche Länder daran beteiligen. Sanktionen eignen sich dafür, die Wirtschaft eines Landes zu schwächen. So schätzt die Weltbank, dass die russische Wirtschaft aufgrund der verhängten Sanktionen um 11% schrumpfen wird. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Sanktionen primär die sozio-ökonomisch benachteiligten Schichten der russischen Gesellschaft in Mitleidenschaft ziehen. Die Europäische Union hat es sich daher zum Ziel gemacht, regimenahe Individuen mit Sanktionen zu belegen. So kam beispielsweise eine überwiegende Mehrheit der Abgeordneten des russischen Parlamentes ins Visier der Sanktionen. Die Wirksamkeit dieser Sanktionen muss aber anhand der Umgehungsmöglichkeiten gemessen werden. Bereits neutrale Länder geben einem mit Sanktionen belegten Staat die Möglichkeit, diese zu umgehen, weshalb die Schweiz im Zuge der internationalen Kritik ihre Auffassung von Neutralität revidierte. Regimetreue Personen verfügen über mehrere Möglichkeiten, die Sanktionen zu umgehen. So können diese mithilfe von Strohmännern die Eigentumsverhältnisse ihrer Vermögenswerte derart maskieren, dass es nicht mehr möglich ist, die wahren Eigentümer zu eruieren und somit die relevanten Personen mit Sanktion zu belegen. Des Weiteren können die Eigentumsverhältnisse durch Transaktionen in verschiedenen Länder kaschiert werden. Diese Option bietet sich besonders in Hinblick auf rudimentär regulierte Staaten an. So sind beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate bekannt dafür, dass die Kontrollmechanismen in den Freihandelszonen lückenhaft sind. Zudem sind dortige Finanzintermediäre im Verhältnis zu den lokalen Strafverfolgungsbehörden nicht gerade für ihren Kooperationswillen bekannt. Sanktionen setzten auch häufig einen Mindestbetrag voraus, damit sie überhaupt greifen können. Daher ist es möglich, Transaktionen in mehrere kleine aufzuteilen, um den Mindestwert nicht zu überschreiten. Solange diese Umgehungsmöglichkeiten bestehen, ist die Wirksamkeit der Sanktionen als gering einzustufen.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt in der Schweiz sowie Notar in St. Gallen. Er ist ausserdem Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten und Unternehmensberater.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Wittmann, C (2022). What makes an economic sanction effective?. https://doi.org/10.1108/JFC-08-2022-0199.