Unsere Rechtsanwälte in Zürich, St. Gallen und Frauenfeld sind alltäglich Themen wie diesen konfrontiert. Der vorliegende Beitrag behandelt das Thema verdeckte Ermittlungen in Liechtenstein und wurde von Dr. Dr. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in St. Gallen, geschrieben. Der Beitrag wurde in der Zeitschrift ius.full veröffentlicht.
Die verdeckte Ermittlung ist ein wertvolles Instrument zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Tätern gelingt es trotzdem, verdeckte Ermittler durch sogenannte «Keuschheitsproben» zu enttarnen, indem die verdeckten Ermittler zu bestimmten kleineren Straftaten aufgefordert werden, die sie aufgrund der Strafprozessordnung nicht ausführen dürfen. Sobald sich ein verdeckter Ermittler verweigert, eine kleine Straftat zu begehen, werten Täter dies als Indiz. Insbesondere bei der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung stellt solche Keuschheitsproben eine grosse Herausforderung dar.
In Liechtenstein wird zwischen verdeckten Ermittlungen und verdeckten Fahndungen nicht unterschieden. Gestützt auf § 104 StPO sind verdeckte Ermittlungen zulässig. Demzufolge ist die Landespolizei nach § 104 Abs. 1 FL-StPO berechtigt, Polizisten oder andere Personen für verdeckte Ermittlungen einzusetzen. Wenn durch diesen Einsatz Aufklärungen einer Straftat gefördert werden können, so ist er zulässig. Die Schwelle für verdeckte Ermittlungen wird in Liechtenstein tief angesetzt, was ziemlich bemerkenswert ist. Gemäss dem Gesetzestext ist keine schwere Tat erforderlich. Diese Grosszügigkeit wird jedoch in § 104 Abs. 2 FL-StPO ausgeglichen.
Über einen längeren Zeitraum, systematisch durchgeführte Ermittlungen sind gemäss § 104 Abs. 2 FL-StPO nur dann zulässig, wenn sie der Aufklärung einer vorsätzlich begangenen und mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohten Straftat oder der Verhinderung von einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung geplanten Straftat dient und die Ermittlungen auf anderem Wege erschwert wären. Somit sind nach FL-StPO präventive Ermittlungen zur Verhinderung einer Straftat zulässig.
Gemäss Art. 104 Abs. 3 FL-StPO folgt die Anordnung von verdeckten Ermittlungen auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Angeordnet werden verdeckte Ermittlungen durch den Untersuchungsrichter. Wenn der Zweck der Ermittlung erreicht wurde oder mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann, so gilt nach Art. 104 Abs. 5 FL-StPO die verdeckte Ermittlung als beendet.
In Liechtenstein sind Scheingeschäfte zulässig. Scheingeschäfte sind in Art. 104c Abs. 2 FL-StPO definiert. Als Scheingeschäft wird demzufolge ein Versuch oder eine scheinbare Ausführung von strafbaren Handlungen «soweit diese im Erwerben, Ansichbringen, Besitzen, Ein-, Aus- oder Durchführen von Gegenständen oder Vermögenswerten bestehen, die entfremdet wurden, aus einem Verbrechen herrühren oder deren Besitz absolut verboten ist.» Die Durchführung von Scheingeschäften ist somit nach Art. 104c Abs. 3 FL-StPO von der Staatsanwaltschaft zu beantragen und somit vom Untersuchungsrichter anzuordnen. Ausserdem beauftragt der Untersuchungsrichter die Landespolizei mit der Durchführung des Scheingeschäfts, wobei hier die Offenlegungspflicht stets berücksichtigt werden muss. Damit kann festgehalten werden, dass in Liechtenstein die Möglichkeiten zur Begehung von Straftaten im Gegensatz zur Schweiz deutlich umfassender sind. Bei Fragen oder Anliegen können Sie gerne unsere Anwaltskanzlei in Frauenfeld, St. Gallen und Zürich kontaktieren.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt sowie Notar in St. Gallen. Ausserdem ist er als Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland tätig.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. (2019). Verdeckte Ermittlung in Liechtenstein. Ius.full, 3–4, 54–55.