Unsere Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen für Strafrecht in Zürich, Frauenfeld und St. Gallen sind täglich mit dem Strafprozessrecht beschäftigt. Der vorliegende Artikel, der in der Forumpoenale im Juni 2021 erschienen ist, stellt die Probleme von verschlüsselter Kommunikation im Zusammenhang mit der Siegelung im Sinne von Art. 248 StPO dar sowie welche Lösungen dagegen getroffen werden können. Verfasst wurde der Artikel von Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in der Schweiz.
Straftäter können mittels verschlüsselter Kommunikation durch Apps wie Signal, Telegram oder Threema untereinander verschlüsselt kommunizieren. Dadurch müssen sie keine Telekommunikationsüberwachung befürchten. Um trotzdem an den Inhalt der verschlüsselten Kommunikation zwischen Straftätern zu gelangen, haben die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit, die verwendeten Geräte gemäss Art. 263 StPO zu beschlagnahmen und die darauf befindlichen Aufzeichnungen im Sinne von Art. 246 StPO zu durchsuchen. Im Gegenzug haben Straftäter die Möglichkeit, die Siegelung im Sinne von Art. 248 StPO zu verlangen. Dabei reicht es aus, wenn sie geltend machen, die Aufzeichnungen seien wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts nicht zu durchsuchen. Sodann hat die Strafbehörde die Möglichkeit, innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch einzureichen.
Problematisch ist, dass die erwähnten Apps über Funktionen verfügen, die sicherstellen können, dass die zu durchsuchenden Aufzeichnungen bis zur Entsiegelung gelöscht werden können. Dadurch können Nachrichten nicht mehr aufgefunden und verwertet werden. Bei Signal beispielsweise werden die gesendeten und empfangenen Nachrichten nach einer gewissen Zeit nicht mehr auf dem Gerät angezeigt. Einzelne Nachrichten oder gar ganze Chats können in Telegram jederzeit gelöscht werden. Im Falle einer Beschlagnahme kann die betroffene Person ihre Kontakte informieren und diese bitten, ihre Chats zu löschen. Bei Threema hat man als Nutzer die Möglichkeit, sogenannte «Private Chats» einzurichten. Diese Chats können mit einem zusätzlichen PIN oder einem Fingerabdruck geschützt werden. Die Entschlüsselung solcher PIN ist besonders schwierig und zeitintensiv. Dadurch erhalten die Straftäter einen zeitlichen Vorsprung, der genutzt werden kann, Beweismittel zu vernichten.
Momentan gibt es gegen diese Problematik keine zufriedenstellende Lösung. Den genannten Herausforderungen kann letztendlich nur mit einer Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden begegnet werden: Denkbar wäre die Möglichkeit einer Widerherstellung der automatisch oder ferngesteuert gelöschten Daten. Auch möglich wäre eine Spiegelung sämtlicher Daten zum Zeitpunkt der Beschlagnahme.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt in der Schweiz, Notar in St. Gallen sowie niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein. Des Weiteren ist er als Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland tätig.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. (2021). Strafprozessrecht und Digitalisierung: Die Siegelung im Sinne von Art. 248 StPO in Zeiten von Signal, Telegram und Threema. Forumpoenale, 6/2021, 462-467.