Der Artikel wurde von Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann in Zusammenarbeit mit Dr. iur. Madeleine Camprubi verfasst und 2019 in der Fachzeitschrift «AJP / PJA» veröffentlicht. Der Artikel behandelt die rechtlichen Aspekte von Vaterschaftstests, insbesondere solchen, die ohne das Wissen oder die Zustimmung der Mutter durchgeführt werden. In diesem Kontext gilt es zu beachten, dass DNA-Analysen eine Persönlichkeitsverletzung darstellen, weswegen eine Einwilligung oder ein Rechtfertigungsgrund erforderlich ist. Die Schweizer Gesetzgebung sieht vor, dass die betroffene Person frei und nach hinreichender Abklärung zustimmen muss. Zudem bergen geheime Vaterschaftstests Missbrauchsgefahren; Kinder können ohne das Wissen der Mutter ins Ausland gebracht werden, um einem Gentest unterzogen zu werden. Kinder und Jugendliche, sofern diese urteilsfähig sind, dürfen selbst darüber entscheiden, ob ein DNA-Test gemacht werden soll. Die Urteilsfähigkeit setzt jedoch hohe Anforderungen voraus und wird erst ab etwa 14 Jahren angenommen. Bei urteilsunfähigen Kindern ist eine Zustimmung nicht möglich. Gentests an urteilsunfähigen Personen sind jedoch unter bestimmten Bedingungen erlaubt, etwa im medizinischen Bereich oder zur Abklärung der Abstammung oder Identität. Die Zustimmung für urteilsunfähige Personen muss von ihren gesetzlichen Vertretern (in der Regel die Eltern) erteilt werden. Das Selbstbestimmungsrecht in Bezug auf genetische Untersuchungen wird im Gesetz als höchstpersönliches Recht angesehen, das jedoch von den Vertretungsvorschriften des Zivilrechts abhängt. Die Frage ist, ob die Mutter allein zustimmen sollte, ob ein Beistand für das Kind bestellt werden oder ob die Angelegenheit an die Kindesschutzbehörde übertragen werden soll. Die Rechtsordnung räumt dem Interesse des Kindes an der Kenntnis seiner Abstammung einen hohen Stellenwert ein, während die Interessen der Mutter an der Abklärung der Abstammung anders gelagert sind. Der Bundesrat hat bewusst auf die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde verzichtet, da man davon ausgehen kann, dass die Mutter die Interessen des Kindes richtig gewichtet, es sei denn, es gibt Indizien für eine Interessenkollision. Wenn die Mutter der Abklärung der Abstammung nicht zustimmt, kann die Kindesschutzbehörde angerufen werden, um zu entscheiden, ob eine Interessenkollision besteht und gegebenenfalls eine Vertretungsbeistandschaft für das Kind zu bestellen. Was die zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen anbelangt, gilt es vorerst zu berücksichtigen, dass finanzielle Entschädigungen wie Schadenersatz oder Genugtuung nach Art. 28a ZGB geltend gemacht werden können, falls der Gentest bereits durchgeführt wurde. Widerspricht das Testergebnis dem rechtlichen Status des Kindes, kann es schwierig sein, eine rechtliche Umsetzung der biologischen Realität durchzuführen, da die Klagefristen begrenzt sind. Die heimlich durchgeführten Gentests sind aufgrund ihrer Rechtswidrigkeit nicht verwertbar. Strafrechtlich machen sich der Auftraggeber und das durchführende Labor gemäss Art. 36 GUMG der "genetischen Untersuchung ohne Zustimmung" schuldig. Sowohl die Veranlassung als auch die Durchführung des Gentests sind strafbar. Das ausführende Labor macht sich der Durchführung einer genetischen Untersuchung ohne Bewilligung gemäss Art. 37 GUMG strafbar, wenn Vorsatz vorliegt und es keine behördliche Anerkennung nach Art. 8 GUMG gibt. Die Strafen können Freiheitsstrafen, Geldstrafen oder Bussgelder sein.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt, öffentlicher Notar sowie Unternehmensberater. Des Weiteren ist er als Autor und Lehrbeauftragter tätig. In diesem Rahmen setzt er sich mit strafrechtlichen Themen auseinander.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Camprubi M. (2019). Rechtliche Konsequenzen von Vaterschaftstests ohne Zustimmung der Mutter nach GUMG und StGB. Aktuelle Juristische Praxis / Pratique Juridique Actuelle (AJP/JPA), 5, 528-537, 2019.