de en ru it fr

Observationen durch Privatdetektive – Bemerkungen zu BGE 143 IV 387

Der Artikel wurde von Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann in Zusammenarbeit mit Dr. iur. Marco Weiss verfasst und 2018 in der Fachzeitschrift «Anwaltsrevue» veröffentlicht. Der Artikel befasst sich mit einem Entscheid des Bundesgerichtes, in dem es sich mit der Beschwerde eines Beschuldigten befasste, bei einem Autorennen verunfallte und sich dabei mehrere Verletzungen zuzog. Seit dem Unfall war er nicht mehr erwerbstätig und hat sich bei den Sozialversicherungsträgern für Leistungen angemeldet. Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigte ihm eine 100% Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung. Der Beschuldigte wurde mehrfach durch Privatdetektive der Motorhaftpflichtversicherung observiert. Daraufhin wurde ein privates Aktengutachten erstellt, das den Ergebnissen des psychiatrischen Gutachtens widersprach. Die Versicherung lehnte daraufhin die Regressforderungen der Sozialversicherungsträger ab und erstattete Anzeige wegen gewerbsmässigen Versicherungsbetrugs. Im Rahmen seiner Beschwerde ans Bundesgericht focht der Beschuldigte die aufgehobene Siegelung von Datenträgern an, welche anlässlich einer Hausdurchsuchung eingezogen wurden. Das Bundesgericht hat in BGE 143 LV 387 festgehalten, dass private Observationen in Unfall- und Sozialversicherungsverfahren ohne ausreichende gesetzliche Grundlage gegen Art. 8 EMRK und Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BV verstossen. Jedoch haben die Bundesrichter hervorgehoben, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch auf das Strafverfahren anzuwenden sei, da mangels gesetzlicher Grundlage erhobene Observationsergebnisse innerhalb des Verwaltungsverfahrens beweisrechtlich verwertet werden können. Im Strafrecht sei bei der Frage der Verwertbarkeit von rechtswidrigen Observationen durch Privatdetektive der Sozialversicherer das strafprozessuale Beweisverwertungsverbot nach Art. 141 StPO zu beachten. Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Verwertung der rechtswidrig erhobenen Observationsergebnisse aus höchstrichterlicher Sicht unerlässlich sei, weil sie zur Aufklärung einer schweren Straftat notwendig erscheine. Es sei jedoch zu beachten, dass die abschliessende Prüfung der Bedeutung und Verwertbarkeit der Beweismittel immer dem erkennenden Sachgericht zu überlassen sei.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt, öffentlicher Notar sowie Unternehmensberater. Zudem ist er Mitglied von Verwaltungsräten mehrerer national und international tätiger Unternehmen.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Weiss M. (2018). Observationen durch Privatdetektive – Bemerkungen zu BGE 143 IV 387. Anwaltsrevue, 10, 441-446.