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Nr. 10 Bundesgericht, Strafrechtliche Abteilung, Urteil vom 11. Februar 2019 i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich – 6B_833/2018

In diesem Beitrag aus der Zeitschrift «forumpoenale» von 2020 nehmen die beiden Autoren Dr. iur, Dr. rer. pol. LLM., Fabian Teichmann und Dr. iur. Marco Weiss Stellung zum oben genannten Urteil vom 11. Februar 2019.

Sachverhalt

Das Staatssekretariat für Migration erteilte X. am 6.2.2015 ein Einreiseverbot für den Zeitraum vom 11.2.2015 bis zum 10.2.2020, laufend auf ihren Familiennamen B. X stellte am 16.8.2016 ein Gesuch um Erteilung eines Visums für einen langfristigen Aufenthalt in der Schweiz zwecks Verbleibs bei ihrem neuen Ehegatten (Familiennachzug). Auf dem Antragsformular gab X. bei der konkreten Frage nach «bisherigen Aufenthalten in der Schweiz» als Antwort «Nein» an. Die Behörden erteilten X. ein Visum für die Schweiz. Das BezGer Bülach sprach X. vom Vorwurf der Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz (AuG) frei. Auf Berufung der Oberstaatsanwaltschaft ZH verurteilte das Oger ZH X. wegen Täuschung der Behörden (Art. 118 Abs. 1 AuG), rechtswidriger Einreise (Art. 115 Abs. 1 lit. a AuG) und rechtswidrigen Aufenthalts (Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG) zu einer vollziehbaren Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Gegen das Urteil erhebt X. Beschwerde in Strafsachen vor dem BGer. Das BGer heisst die Beschwerde gut.

Wer durch falsche Angaben oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen täuscht und dadurch die Erteilung einer Bewilligung für sich oder andere erschleicht oder bewirkt, dass der Entzug einer Bewilligung unterbleibt, erfüllt den Straftatbestand nach Art. 118 Abs. AIG (die neue Abkürzung für das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 ist AIG anstatt AuG). Die Autoren stimmen mit Lehre und Rechtsprechung überein, dass nicht jede falsche Angabe tatbestandsmässig ist. Eignet sich eine falsche oder unterbliebene Auskunft nicht, um die Entscheidung der Behörde zu beeinflussen, so darf sich eine Behörde von dieser nicht beeinflussen lassen.

An diesem Urteil ist bemerkenswert, dass das Bundesgericht die Garantenstellung der X., entgegen der Sichtweise des OG ZH, verneinte und den Behörden eine konkrete Abklärungspflicht auferlegte. Die Autoren gehen davon aus, dass diese Rechtsprechung Auswirkungen auf die Praxis haben wird.