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Neueste Praxis des Bundesgerichts zum Siegelprivileg von Anwälten im Kontext des GwG

Unsere Rechtsanwälte in Zürich, Frauenfeld und St. Gallen üben ihre Expertise in vielfältigen Gebieten aus. Der vorliegende Beitrag behandelt das Thema der neuesten Praxis des Bundesgerichts zum Siegelprivileg von Anwälten im Kontext des GwG. Veröffentlicht wurde der Beitrag in der Zeitschrift forumpoenale und geschrieben wurde er von Dr. Dr. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in St. Gallen, sowie von Dr. Madeleine Camprubi, Rechtsanwältin bei Teichmann International (Schweiz) AG.

Es können zum Schutz vor Zwangsmassnahmen und insbesondere des Anwaltsgeheimnisses InhaberInnen von Aufzeichnungen und Gegenständen, die durchsucht oder beschlagnahmt werden, deren Siegelung nach Art. 248 i.V.m. Art. 264 Abs. 1 lit. a und lit. d, Art. 171 und 197 StPO verlangen. Sofern kein Entsiegelungsgesuch gestellt beziehungsweise ein solches abgelehnt wird, so dürfen die gesiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden. Seit dem Bundesgerichtsentscheid 112 Ib 606 aus dem Jahr 1986 gilt beim Anwaltsgeheimnis und dem damit korrespondierenden Zeugnisverweigerungsrechts beziehungsweise dem Entsiegelungsprivileg, dass zwischen Anwaltstätigkeit und sogenannter akzessorischer anwaltlicher Geschäftstätigkeit zu unterscheiden ist.

Das Bundesgericht hat in BGE 142 IV 207 entschieden, dass die Entsiegelung von umfangreichen bankinternen Untersuchungen zuhanden der FINMA im betreffenden Fall mit dem nemo-tenetur-Prinzip zu vereinen sei. Per se würde eine solche Zwangsmassnahme nicht gegen das Selbstbelastungsprivileg verstossen. Vor allem sei die Tatsache relevant, dass die Auskünfte im betreffenden Fall freiwillig an die FINMA erteilt, nicht strafbewehrt erzwungen worden seien.

In den letzten vier Jahren hat das Bundesgericht drei aufsehenerregende Entscheide gefällt. In diesen Entscheiden hat das Bundesgericht Entsiegelungen in Bezug auf anwaltliche Dokumente zum internen Gebrauch von Banken entgegen den Erwartungen der involvierten Parteien angeordnet oder geschützt. Das Urteil vom 20. September 2016 hat sowohl in den Banken- als auch in der Anwaltswelt für Aufregung gesorgt. Dieses Urteil schien eine Lockerung des Anwaltsgeheimnisses zu signalisieren. In diesem Entscheid lag ein Strafverfahren gegen einen Bankangestellten wegen Verstoss gegen das GwG zugrunde. Er soll Konten verwaltet haben, über die Bestechungsgelder an griechische Regierungsvertreter betreffend Rüstungsgeschäfte geflossen seien. Die Bank zog zwei Anwaltskanzleien bei, um sich über die Rechtslage Klarheit zu verschaffen. Die Kanzleien nahmen zu diesem Zweck eine Ermittlung des Sachverhalts vor und haben darüber verschiedene Berichte verfasst. Diese Berichte wurden anschliessend beschlagnahmt. Das zuständige kantonale Strafgericht hiess demzufolge das Entsiegelungsgesuch der Strafverfolgungsbehörden gut und das Bundesgericht schützte diese Entsiegelung. Bei weiteren Fragen oder Anliegen zu Themen wie diesen oder weiteren können Sie sich gerne an unsere Rechtsanwälte für Strafrecht in St. Gallen, Frauenfeld und Zürich wenden.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt und Notar in St. Gallen. Er ist ausserdem Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland. Des Weiteren leitet er Beratungsgesellschaften in England, Liechtenstein und Dubai.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F., & Camprubi, M. (2021). Neuste Praxis des Bundesgerichts zum Siegelprivileg von Anwälten im Kontext des GwG. Forumpoenale 1/2021, 37–43.