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Kronzeugen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein – Bonusprogramme im Kartellrechtsvergleich

Unsere Rechtsanwälte in Zürich, St. Gallen und Frauenfeld beschäftigen sich des Öfteren mit Themen wie diesen. Der vorliegende Beitrag, welcher im ZRFC veröffentlicht wurde, befasst sich mit den Kongruenzen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein bezogen auf Bonusprogramme im Kartellrechtsvergleich. Geschrieben wurde der Beitrag von Dr. Dr. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in St. Gallen, sowie Nadia Fiechter, ehemalige Juristin bei Teichmann International (Schweiz) AG.

Liechtenstein und die Schweiz pflegen eine sehr intensive und lebendige Partnerschaft. Die beiden agierenden Akteure haben eine Flut von nationalen und internationalen, EU- und EWR/EFTA-Gesetzen und hunderte von bilateralen Abkommen zu koordinieren. 1995 trat Liechtenstein dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bei. Dies hatte einen grossen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum. Liechtenstein gewann durch den EWR und den Zugang zum EU-Binnenmarkt stark an Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere am Beispiel des Gasversorgungsmarktes bewies sich, dass sich auch in diesem kleinen Markt ein Wettbewerb entwickeln kann. Die liechtensteinische Gasversorgung (LGV) konnte durch tiefere Bezugskosten an Handelsmärkten sowie durch eine effizientere Ausgestaltung des internen Beschaffungs- und Vertriebssystems eine Preisreduktion von rund 40 Prozent an ihre EndkundInnen weitergeben, ohne unter Konkurrenzdruck von Drittanbietern zu stehen.

Werden Kartellmitglieder kooperativ, können sie mit Sanktionsreduktion honorieren und dem Kronzeugen gar mit kompletter Immunität entkommen. Diese Bonusprogramme haben sich einander in den letzten Jahren zunehmend angenähert, was angesichts der internationalen Vernetzung und Verdichtung des Wettbewerbs eine erhöhte Rechtssicherheit bietet. Die Kongruenzregel ist im Sinne des First-Come-First-Served-Prinzip zu erlangen. In der Schweiz sind Absprachen zwischen Unternehmen auf gleicher Marktstufe, welche den Wettbewerb ohne rechtfertigende Gründe der wirtschaftlichen Effizienz beeinträchtigen, unzulässig. Es können Sanktionen für jene Unternehmen vorgenommen werden, die ihre Beteiligung an einer Absprache zum Zweck ungerechtfertigter Wettbewerbsbeschränkung anzeigen und Informationen liefern, die der WEKO eine Untersuchungseröffnung ermöglichen. Nicht allein der Umfang der von den Selbstanzeigern gelieferten Informationen und Dokumente ist massegebend, sondern auch deren materieller Gehalt, die sogenannte Wesentlichkeit. Für eine Immunität verlangt die WEKO von einem Unternehmen auch eine ununterbrochene und uneingeschränkte Zusammenarbeit, so dass sämtliche Informationen und Beweismittel unaufgefordert vorgelegt werden und dass Unternehmen seine Beteiligung am Wettbewerbsverstoss spätestens zum Zeitpunkt der Selbstanzeige oder auf Anordnung der WEKO einstellen.

Wird ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen zur Teilnahme am Wettbewerbsverstoss gezwungen, so wird die Sanktion nicht vollständig erlassen. Dabei greift die WEKO jedoch weiter als die EU und schliesst in Subsumtion ebenfalls Unternehmen aus, welche eine anstiftende oder führende Rolle im betreffenden Wettbewerbsverstoss eingenommen haben. In der Schweiz findet dafür das Bonusprogramm Anwendung auf horizontale als auch vertikale Kartelle und auf missbräuchliche Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen. Gerne können Sie von unseren Rechtsanwälten in Frauenfeld, St. Gallen und Zürich in diesem Bereich beraten und vertreten werden.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt in der Schweiz, Notar in St. Gallen sowie niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein. Des Weiteren ist er als Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland tätig.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Fiechter, N. (2021). Kronzeugen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. ZRFC, 16(1), 32–37.