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Die Verwertbarkeit von Observationen durch Privatdetektive im Verfahrensrecht – Ein Vergleich zwischen Zivilprozess-, Strafprozess- und öffentlichem Prozessrecht

Unsere Rechtsanwälte in Zürich, Frauenfeld und St. Gallen sind täglich verfahrensrechtlichen Themen konfrontiert. Der vorliegende Beitrag behandelt das Thema der Verwertbarkeit von Observationen durch Privatdetektive im Verfahrensrecht mit einem Vergleich zwischen Zivilprozess-, Strafprozess- und öffentlichem Prozessrecht. Veröffentlicht wurde der Beitrag in der Zeitschrift ZBJV und geschrieben wurde er von Dr. Dr. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in St. Gallen, sowie von Dr. Marco Weiss, ehemaliger Jurist bei Teichmann International (Schweiz) AG.

Eine der wichtigsten völkerrechtlichen Bestimmungen für das gesamte Prozessrecht der Schweiz bildet die Europäische Menschenrechtskonvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 und garantiert zahlreiche Freiheits- und Verfahrensrechte auf europäischer Ebene. Observationen durch Privatdetektive berühren eine Vielzahl von Freiheits- und Verfahrensrechten der EMRK, insbesondere das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK), das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 EMRK) und das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK).

Nicht nur auf europäischer Ebene der EMRK berührt das Observieren von Privatpersonen durch Detektive die Freiheits- und Verfahrensgrundrechte, sondern es werden auch die Grundrechte auf nationaler Ebene berührt. Diese sind in der schweizerischen Bundesverfassung vom 18. April 1999 auf nationaler Ebene festgehalten. Insofern werden die Freiheits- und Verfahrensrechte nach Art. 13 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 BV durch die Überwachung durch Privatdetektive berührt. Das erstgenannte verfassungsrechtlich berührte Freiheitsrecht schützt den Anspruch des Einzelnen auf Achtung Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung sowie seines Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 13 Abs. 1 BV). Aus dem Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 BV ist erkennbar, dass sich dieser auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK stützt. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass diese Bestimmungen auf gleiche Weise interpretiert werden können. Es kann daher auch davon ausgegangen werden, dass Observationen durch Privatdetektive im nationalen Kontext Eingriffe in die Freiheitsrechte des Einzelnen, die einer Prüfung nach Art. 36 BV standhalten müssen.

Im nationalen Leitentscheid BGE 135 I 169 äusserte sich das Bundesgericht zur Zulässigkeit von Observationen durch Privatdetektive der Sozialversicherungsträger, um dem Versicherungsmissbrauch im Sozialversicherungsrecht entgegentreten zu können. Das Bundesgericht kam in diesem Entscheid zum Schluss, dass eine Observation der versicherten Person durch Privatdetektive der Sozialversicherungsträger einen leichten Eingriff in die Grundrechte nach Art. 8 Ziff. 1 und 2 EMRK i.V.m. Art. 13 Abs. 1 BV darstelle, sofern die Observationen auf öffentlichem Raum stattfinden würde. Bei weiteren Anliegen können Sie sich gerne an unsere Rechtsanwälte in Frauenfeld, Zürich und St. Gallen wenden.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt und Notar in St. Gallen. Ausserdem ist er an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland tätig. Zudem leitet er Beratungsgesellschaften in England, Dubai und Liechtenstein.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Weiss, M. (2019). Die Verwertbarkeit von Observationen durch Privatdetektive im Verfahrensrecht – Ein Vergleich zwischen Zivilprozess-, Strafprozess- und öffentlichem Prozessrecht. ZBJV, 137–164.