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Die Meldepflicht eines Anwalts an die MROS

Der vorliegende Artikel befasst sich mit dem Dilemma, in dem sich Anwältinnen und Anwälte befinden, wenn sie der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) einen begründeten Verdacht auf Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung melden müssen, der sich aus der Ausübung ihres Mandats ergibt. Der Beitrag wurde von Dr. Dr. Fabian Teichmann, LL.M., Rechtsanwalt in St. Gallen, sowie von Léonard Gerber, Jurist bei der Teichmann International (Schweiz) AG, geschrieben und in der Fachzeitschrift Jusletter veröffentlicht.

Das Tätigkeitsfeld von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten hat sich auf neue Wirtschaftszweige ausgedehnt. Sie werden somit in der Tat immer häufiger zu Vorstandsberatern, Anlageberatern, Wertpapier- und Vermögensverwaltern und in einigen Fällen zu Treuhändern. Wenn Mandate im Zusammenhang mit Vermögenswerten aus kriminellen Quellen entstehen, befinden sich die Anwältinnen und Anwälte in einer Zwickmühle. Nach dem Geldwäschereigesetz löst dies eine Meldepflicht aus.

Nach dem Entwurf zur Änderung des schweizerischen Strafgesetzbuches vom 12. Juni 1989 gilt als Geldwäscherei im Sinne von 305bis StGB jedes Verfahren, das es ermöglicht, das Vorhandensein, die rechtswidrige Herkunft oder die Verwendung von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen oder einem qualifizierten Steuerdelikt stammen, zu verbergen, um diese Vermögenswerte als rechtmässig erscheinen zu lassen. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts genügt es, wenn die betreffende Handlung geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Entdeckung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu behindern, von denen der Täter wusste oder annehmen musste, dass sie aus einem Verbrechen oder einer qualifizierten Steuerstraftat stammen.

Nach Art. 305bis Abs. 1 StGB wird Geldwäscherei mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. Die Freiheitsstrafe kann bis zu fünf Jahre andauern, oder mit einer Geldstrafe mit bis zu 500 Tagessätzen auf Antrag verlängert werden, wenn ein schwerer Fall im Sinne von Art. 305bis Abs. 3 StGB vorliegt.

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unterliegen jedoch dem Berufsgeheimnis. Dieses verbietet es ihnen, Tatsachen oder vertrauliche Informationen, von denen sie bei der Ausübung ihres Berufes Kenntnis erlangt haben, an Dritte weiterzugeben. Das Bundesgericht ist der Ansicht, dass das Berufsgeheimnis nur die typischen Tätigkeiten eines Anwalts, nämlich die Rechtsvertretung und die Rechtsberatung, umfasst. Im Einzelnen geht es um die Abfassung von Rechtsdokumenten, die Unterstützung und Vertretung einer Person vor Verwaltungs- oder Justizbehörden und die Rechtsberatung. Das Berufsgeheimnis gilt allerdings nicht für Nebentätigkeiten des Rechtsanwalts wie Unternehmensverwaltung, Maklertätigkeit oder Vermögensverwaltung.

Wer ein Anwaltspatent besitzt, unterliegt nach Art. 321 StGB dem Berufsgeheimnis und wer dieses vorsätzlich verletzt wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Im Zusammenhang mit der Meldepflicht können sich Anwältinnen und Anwälte jedoch der Geldwäscherei im Sinne von Art. 305bis StGB schuldig machen, wenn die Gefahr besteht, dass sie in den Sachverhalt miteinbezogen waren und die Schwelle der Meldepflicht eigentlich erreicht war. Anwältinnen und Anwälte sind dem GwG unterstellt, wenn sie Finanzintermediäre im Sinne von Art. 2 Abs. 3 GwG sind. Dann unterliegen sie allen Pflichten, die mit dem GwG verbunden sind und insbesondere der Verpflichtung, sich einer Selbstregulierungsorganisation anzuschliessen. Von der Meldepflicht sind Anwältinnen und Anwälte sowie Notarinnen und Notare ausgenommen, soweit Verdachtsmomente im Zusammenhang mit Dokumenten ihrer Klienten unter das Berufsgeheimnis gemäss Art. 321 StGB fallen. Bei allfälligen Fragen stehen Ihnen unsere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Zürich, Frauenfeld und St. Gallen gerne zur Verfügung.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist als öffentlicher Notar sowie als Rechtsanwalt in der Schweiz tätig. Er ist ausserdem niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein und Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten im In- und Ausland.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F., & Gerber, L. (2020, 25. Januar). L’obligation de communication de l’avocat au MROS. Jusletter.