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Das Erfordernis des Vorsatzes in Art. 260quinquies StGB – Ein Freischein für Terrorismusfinanzierer

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Erfordernis des Vorsatzes in Art. 260quinquies StGB und insbesondere werden die ratio legis und praktische Herausforderungen diskutiert. Der Artikel wurde von Dr. Dr. Fabian Teichmann, LL.M., Rechtsanwalt in St. Gallen, geschrieben.

Art. 260quinquies StGB erfordert vorsätzliches Handeln. Der Täter muss also vorsätzlich gehandelt haben und gewusst haben, was er tut. Art. 260quinquies StGB sieht vor, dass Täter, die Terrorismusfinanzierung lediglich in Kaufnehmen, sich nicht nach dieser Bestimmung strafbar machen. Dieser Punkt stellt ein Problem für die Strafverfolgungsbehörde dar, denn es muss bewiesen werden, ob ein Vorsatz des Täters vorhanden war. Geschickte Täter behaupten, ohne Wissen und Willen gehandelt zu haben. Ergänzend ist auch ein bedingter Vorsatz bei der Verwendung der Mittel gemäss Art. 260quinquies Abs. 2 StGB nicht ausreichend. Falls für einen Täter nicht erkennbar ist, dass Gelder ganzheitlich oder auch nur zum Teil in terroristische Kanäle fliessen, ist das Sammeln, Weiterleiten oder Zurverfügungstellung straflos.

Durch Art. 260quinquies Abs. 2 StGB wird ein kompletter Ausschluss eines Eventualvorsatzes ermöglicht. Entsprechend stellt dieser Artikel eine Vorverlagerung der Strafbarkeit dar. Damit das Bestimmtheitsgebot in der Folge nicht verletzt ist, ist das Stellen von besonders hohen subjektiven Anforderungen notwendig. Das Ziel des Terrorismusfinanzierers muss daher die Begehung von Anschlägen sein. Ergänzend muss der Täter insbesondere sichere Kenntnis über die von ihm unterstützten Personen und deren Bezug zu Terroristen sowie deren Planung von Gewaltverbrechen haben.

Die ratio legis hinter Art. 260quinquies und dem entsprechenden Ausschluss des Eventualvorsatzes ist die Verhinderung von der Erfüllung des Terrorismusfinanzierungstatbestandes durch karitativ motivierte Spenden. Dabei stellen sich in der Praxis verschiedene erhebliche Fragen. So eröffnet sich zum Beispiel die Frage nach dem Umgang mit Spenden, die an eine Organisation, die sowohl Terrorismus finanziert und gleichzeitig Schulen oder Krankenhäuser betreibt.

In Bezug auf praktische Aspekte stellt sich die Frage, welchen Massnahmen Zumutbarkeit zugesprochen werden kann, damit Terrorismusfinanzierung ausgeschlossen wird. Demnach ist generell auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit der Massnahmen abzustellen. Die Bestimmung des konkreten Aufwandes einer Massnahme könnte sich nach der Transaktionshöhe, den Verdachtsmomenten und der Kenntnis der Betroffenen richten.

Unklar ist vor allem, wie mit dem direkten Vorsatz 2. Grades umzugehen ist. Nach Art. 260quinquies kommt dieser nur zur Anwendung, wenn die Finanzierung von Terrorismus als Endziel einzustufen ist. Eine Abgrenzung zum Eventualvorsatz ergibt sich daraus, dass der Täter beim Eventualvorsatz lediglich ein Risiko in Kauf nimmt, aber beim direkten Vorsatz 2. Grades von einer unvermeidlichen Nebenfolge der Tat auszugehen ist.

In der Praxis eröffnet sich auch eine gewisse Beweisproblematik für Vorsatz 1. oder 2. Grades des Täters. Ein geschickter Täter wird sich in der Regel auf Gutgläubigkeit beim Handeln berufen. Ausserdem stellt sich die Frage, inwiefern ein Nachweis des Kausalzusammenhanges zwischen Terrorakt und finanzieller Unterstützung zu tätigen ist, denn ein geschickter Täter könnte die Nachvollziehbarkeit von Transaktionen verschleiern.

Bei Anliegen können Sie sich gerne an unsere Anwältinnen und Anwälte in Zürich, Frauenfeld und St. Gallen wenden.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt und Notar in St. Gallen. Ausserdem ist er niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein und leitet Beratungsgesellschaften in Dubai, Liechtenstein und England.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. (2020). Das Erfordernis des Vorsatzes in Art. 260quinquies StGB – Ein Freischein für Terrorismusfinanzierer. In: Bertel, R. (Hrsg.). Kriminalistik und Kriminologie in der VUCA-Welt – Herausforderungen, Entwicklungen und Perspektiven. Rothenburg / Oberlausitz: Hochschule der sächsischen Polizei.