Der Artikel befasst sich mit der Entwicklung der Compliance im Nachhall der Finanzkrise 2008. Der Artikel wurde von Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann in Zusammenarbeit mit Chiara Wittmann verfasst und im Journal of Financial Crime im Juni 2022 veröffentlicht. Compliance kann nicht bloss angeordnet werden, sondern muss vielmehr von allen Mitarbeitern eines Unternehmens kultiviert werden. In dieser Hinsicht existieren mehrere Strategien, um ein regelkonformes Verhalten der Mitarbeiter zu fördern. Das wichtigste Element besteht in der Klarheit der Regeln. Mitarbeiter müssen Gewissheit über ihre Befugnisse und Grenzen haben. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Mitarbeiter viel weniger dazu neigen, eine Entscheidung der Betriebsleitung zu hinterfragen, wenn diese auf klaren Regeln basiert und somit aufgrund des objektiven Charakters eine gewisse Voraussehbarkeit aufweist. Zudem haben Regulierungsbehörden vermehrt darauf hingewiesen, dass die interne ethische Orientierung eines Unternehmens stark durch die Vorbildfunktion der Geschäftsleitung abhängt. Folglich werden Mitarbeiter eher noch eine ethische Vorgehensweise vorziehen, wenn das Management den Eindruck hinterlässt, dass es im Einklang mit moralischen Werten operiert. Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation innerhalb des Unternehmens. Im Rahmen einer offenen Kommunikation ist die Wahrscheinlichkeit, dass unethisches Verhalten gemeldet wird, bedeutend grösser. Im Gegenzug führt ein zu hoher Arbeitsdruck tendenziell zu einer Kultur des Schweigens, was dazu führt, dass regelwidriges Verhalten toleriert wird. Die Finanzkrise 2008 hat diese Mängel innerhalb des Finanzwesens schonungslos aufgedeckt. So gab es bei der Vergabe von Krediten an Hauseigentümer kaum Kontrollen in Bezug auf deren Kreditwürdigkeit. In mehreren Banken tolerierte die jeweilige Geschäftsleitung die übermässige Gewährung von Krediten, obschon es auf der Hand lag, dass die Kreditnehmer ausserstande sein würden, diese zurückzubezahlen. Des Weiteren war es den Banken möglich, komplexe Finanzprodukte mit dem Hypothekarmarkt zu vermischen, wodurch die Verantwortung stets an Dritte delegiert wurde und jegliche Bedenken in Hinblick auf die Compliance unberücksichtigt gelassen wurden.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist als Rechtsanwalt im Anwaltsregister des Kantons St. Gallen registriert. Zudem ist er als Notar in St. Gallen sowie niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein tätig.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Wittmann, C (2022). Compliance cultures and the role of financial incentives. Journal of Financial Crime. https://doi.org/10.1108/JFC-06-2022-0135.