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Ausgewählte Compliance Risiken bei Anreizsystemen aus der Perspektive des Aufsichtsrates

Anreizsysteme können CEOs, ManagerInnen, Mitarbeitende im Verkauf oder auf niedrigeren Hierarchieebenen betreffen. Das Ziel von Anreizsystemen ist es, Mitarbeitende mithilfe von Anerkennung zu einer besseren Performance zu motivieren. Es wird zwischen monetären Anreizen wie beispielsweise Boni und nicht-monetären Anreizen wie Aussicht auf Beförderung oder mehr Verantwortung unterschieden. Vor allem monetäre Anreize sind äusserst umstritten, da ihre Sinnhaftigkeit oftmals angezweifelt wird.

GegnerInnen monetärer Anreize argumentieren, dass Mitarbeitende nicht für das Erfüllen ihrer vertraglich festgelegten Aufgaben belohnt werden sollten. BefürworterInnen von monetären Anreizsystemen sind der Meinung, dass eine korrekte Anwendung von Anreizen durchaus zu den gewünschten Ergebnissen führen kann. Demzufolge können richtig angewendete Anreizsysteme Aufsichtsräte darin unterstützen, ein ethisches und regelkonformes Verhalten im Unternehmen zu fördern.

Falsche Anreize können Unternehmen schaden, KundInnen gefährden und das Vertrauen zwischen beiden Parteien zerstören. Eine Vielzahl an Unternehmensskandalen bewies in der Vergangenheit, dass Mitarbeitende nicht vor der Nutzung unlauterer Mittel zurückschrecken, um gewisse Benchmarks zu erreichen. Daher sollten Compliance-Abteilungen ein Mitspracherecht bei der Gestaltung von Anreizsystemen haben, um sicherzustellen, dass Unternehmensziele erreicht werden, ohne dass das Gesetz oder ethische Normen verletzt werden. Unternehmen können sich schützen, indem sie Kontroll- und Compliance-Mechanismen etablieren, welche Trainings zum Thema Bestechung und andere Seminare beinhalten sollten. Auch Verhaltenskodizes sollten in Erwägung gezogen werden.

Interessenkonflikte entstehen immer dann, wenn Mitarbeitende für die Erreichung bestimmter Verkaufszahlen in Bereichen wo Korruption vorherrscht, belohnt werden. So fördern falsche Anreize wie Boni für Verkäufe in korrupten Ländern systematisch Fehverhalten. Daher ist eine Anpassung von Anreizsystemen dringend nötig.

Normalerweise profitieren AnteilseignerInnen und Vorstandsmitglieder im Unternehmen nicht von der Zahlung von Bestechungsgeldern. Die Risiken, welche von Korruption ausgehen sind für sie weitaus höher als ihr Nutzen. Im schlimmsten Fall könnten AnteilseignerInnen ihre Investition aufgrund von hohen Bussgeldern verlieren und Vorstandsmitglieder mit allfälligen Freiheitsstrafen belangt werden. Mitarbeitende sehen sich jedoch mit weitaus geringeren Risiken konfrontiert. Schlimmstenfalls könnten sie ihre Anstellung verlieren. Dieses Risiko wird mit Aussicht auf einen hohen Bonus oftmals in Kauf genommen. Aufgrund dessen ist eine Tolerierung von Korruption im Unternehmen eher unwahrscheinlich. Daher könnte eine Begutachtung von Anreizsystemen durch die Compliance-Abteilung Unternehmen einen erheblichen, langfristigen Nutzen stiften.

Zahlreiche Unternehmensskandale wie der Siemens-Fall oder der Wells Fargo-Skandal aus dem Jahre 2016 beweisen, dass monetäre, auf Verkaufszahlen basierende Boni, einen extrem negativen Einfluss auf Mitarbeitende haben können. Bei der Ausgestaltung von Anreizsystemen sollte beachtet werden, dass das System nachvollziehbar ist und auf einer klar erklärten Philosophie basiert. Ausserdem sollten Mitarbeitende das Resultat selbst in der Hand haben und Anreizsysteme an der Zielsetzung der Unternehmen ausgerichtet sein. Um das Verhalten der Mitarbeitenden angemessen einschätzen zu können, müssen Unternehmen Zugang zu den entsprechenden Mitteln haben.

Es sollte Mitarbeitenden möglich sein, ein gleich hohes Gehalt durch das Einhalten von Compliance-Massnahmen zu erreichen, als wenn sie ihre Verkaufszahlen durch unlautere Mittel erhöhen, so dass dies nicht mehr für nötig befunden wird. Ausserdem sollte Whistleblowing unbedingt unterstützt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung einer Performancematrix, welche Aspekte wie Verkäufe und Compliance auf einer Skala von eins bis fünf bewertet. Wenn Mitarbeitende in einem der Bereiche geringer als «drei» abschneiden, wird der gesamte Bonus gestrichen. So wird sichergestellt, dass Mitarbeitende in allen Bereichen gute Leistungen erbringen. Eine Kombination inerhalb der Matrix betont, dass allen Bereichen eine gleich hohe Bedeutung beigemessen wird, was sich besonders in sehr korrupten Ländern als vorteilhaft erweisen könnte.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Falker, M.C. (2020). Ausgewählte Compliance-Risiken bei Anreizsystemen aus der Perspektive des Aufsichtsrats. Aufsichtsrat Aktuell, 1/2020, 18–22.