Der Autor Dr. iur. Dr. rer. pol. LLM. Fabian Teichmann beschreibt in diesem Beitrag den Ansatz der Agency-Theorie in Bezug auf Bestechung in multinationalen Unternehmen. Anreize können dazu beitragen, die Interessen von Auftraggebern und Agenten auszugleichen und damit die Einhaltung von Anti-Bestechungsvorschriften zu fördern und damit auch die Korruptionsbekämpfung in Osteuropa unterstützen.
Für diesen Beitrag wurden mehrere Arbeitsverträge analysiert, da die Anreizsysteme von multinationalen Unternehmen oft in den individuellen Mitarbeiterverträgen integriert sind. Die Agency-Theorie geht davon aus, dass Menschen eigennützig handeln und Agenten und Auftraggeber unterschiedliche Interessen verfolgen. Agenten sind interessiert daran, Bestechungsgelder zu bezahlen, wenn sie damit ihre Leistung erhöhen können und Bonuszahlungen oder Beförderungen erhalten. Deshalb wird angenommen, dass die Agenten die Interessen der Auftraggeber verfolgen und keine Bestechung begehen, wenn diese Interessenverfolgung ihnen Vorteile bringt. Anreizsysteme sind besonders wichtig, wenn die Handlungen von Agenten nicht beobachtbar und durch moralisches Risiko gekennzeichnet sind. Da ein Anreizsystem die Interessen nur bis zu einem gewissen Punkt angleichen kann, sind zusätzliche Kontrollmechanismen wichtig. Diese Studie fokussiert sich nicht nur auf das oberste Management sondern auf alle Stufen eines Unternehmens. Jeder Angestellte, der eine Bestechung begehen oder eine Bestechung beobachten könnte, muss als Agent angesehen werden. Zudem hält der Beitrag fest, dass die Agency-Theorie Verhaltensaspekte, wie zum Beispiel zwischenmenschliche Beziehungen, ausser Acht lässt. Besteht zwischen einem Agenten und einem Auftraggeber ein langjähriges und wertschätzendes Vertrauensverhältnis könnte der Agent eher bereit sein, das Compliance-Programm des Auftraggebers zu akzeptieren. Zudem kann nicht jede organisatorische Herausforderung als Agency-Problem angesehen werden und es sind auch kulturelle Unterschiede sowie die Problematik von Trittbrettfahrern zu berücksichtigen. Auch die Stewardship-Theorie und die institutionelle Theorie bieten in Bezug auf die Korruptionsbekämpfung in Unternehmen gewisse Ansätze. Für den vorliegenden Beitrag dient die Agency-Theorie als Basis, da sich die Studie auf eine breite Gruppe an Angestellten fokussiert und es aus Sicht des Autors mehr Sinn macht, davon auszugehen, dass die Agenten und Auftraggeber unterschiedliche Interessen verfolgen.
Der Beitrag unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Anreizen. Die einen Anreize bewirken, dass ein Angestellter sein eigenes Compliance-Verhalten verbessert. Andere Anreize sollen bewirken, dass die Angestellten eine Meldung machen, falls sich jemand anders nicht compliant verhält. Diese Anreize der zweiten Ordnung sollen zudem den Informationsasymmetrien in einem Unternehmen entgegenwirken. Die Peer-to-Peer Überwachung bietet die Vorteile, dass Verstösse gegen die Anti-Korruptionspolitik intern aufgedeckt werden können und multinationale Unternehmen die Bestechungsvorfälle eigenhändig bei den Behörden melden können, was oftmals zu weniger schwerwiegenden Sanktionen führt. Diese Peer-to-Peer Überwachung führt zudem dazu, dass sich Angestellte davor scheuen, gegen die Compliance-Richtlinien zu verstossen, aus Angst davor, entdeckt zu werden.
Abschliessend hält der Autor fest, dass nicht alle Agenten egoistische Menschen sind, die versuchen Informationsasymmetrien auszunutzen, um ihre Auftraggeber auszubeuten. Es gibt tatsächlich viele freundliche und intrinsisch motivierte Agenten, die sich bemühen ihr Bestes für ihre Auftraggeber zu tun und dazu keine strengen Kontrollmechanismen oder lohnende Anreizsysteme benötigen. Der Beitrag fokussiert sich jedoch auf die Worst-Case-Szenarien, da es wichtig ist anzuerkennen, dass einige Menschen egoistisch sind und in der Lage sind, ihren Auftraggebern und auch der Gesellschaft enormen Schaden zuzufügen.