Der vorliegende Artikel befasst sich mit der Frage, ob Anti-Bestechungsanreize ein wirksames Mittel gegen Korruption in multinationalen Unternehmen sein können. Es werden vor allem Schwachstellen in Anreizsystemen für die Beschäftigten multinationaler Unternehmen aufgezeigt. Es wird aufgezeigt, dass ein Durchbruch im Kampf gegen die Korruption durch die Beseitigung schlechter Anreize und die Schaffung wirksamer Anreize erreicht werden kann. Geschrieben wurde der Artikel von Dr. Dr. Fabian Teichmann, LL.M., Rechtsanwalt in St. Gallen, sowie von Léonard Gerber, Jurist bei Teichmann International (Schweiz) AG und veröffentlicht wurde er in der Zeitschrift Expert Focus.
Korruption stellt ein globales Problem dar. Sowohl in Industrie- als auch in Entwicklungsländern gibt es sie. Korruption stellt im Allgemeinen ein Hindernis für die solide Gesetzgebung und das wirtschaftliche Wachstum dar. Infolgedessen nehmen Regierungen aus aller Welt grosse Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption vor. Auf internationaler Ebene bemühen sich die westlichen Länder durch ihr Mitwirken in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um die Beseitigung der Korruption. In diesem Zusammenhang wurden weitere Übereinkommen mit dem Ziel der Korruptionsbekämpfung geschlossen. Dazu gehören die Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNO-Konvention), die am 31. Oktober 2003 in New York geschlossen wurde und am 24. Oktober 2009 in der Schweiz in Kraft getreten ist, sowie das Strafrechtsübereinkommen über Korruption, das am 27. Januar 1999 in Strassburg geschlossen wurde und am 1. Juli 2006 in der Schweiz in Kraft getreten ist.
Am 22. Dezember 1999 trat in der Schweiz das neue Strafgesetzbuch in Kraft. Darin wurde unter anderem die Bestrafung der aktiven und passiven Bestechung von Schweizer Amtsträgern sowie der Gewährung und der Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils geregelt. Bezüglich einer aktiven und passiven Privatbestechung von Personen, die nicht den Status eines Amtsträgers haben, ist Art. 322 f. StGB am 1. Juli 2016 im Rahmen einer Revision in Kraft getreten. Bei Bestechung von Amtsträgern droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Bei Privatbestechung ist die Gewährung und Annahme eines ungerechtfertigten Vorteils mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht. Infolgedessen bemühen sich die Länder weltweit zur Bekämpfung der Bestechung.
In der Vergangenheit wurde nur selten etwas gegen Korruption unternommen. Korruptionsskandale waren in einigen Ländern, zum Beispiel in Deutschland, sogar steuerlich absetzbar. Aufgrund der neuen Regulierungen versuchen Unternehmen zunehmend, sich vor Korruptionsrisiken zu schützen, indem sie Compliance- und Kontrollmechanismen einführen. Es scheint jedoch immer wieder einzelne Mitarbeitende zu geben, die einen faktischen Anreiz – beispielsweise einen variablen Gehaltsanteil auf Provisionsbasis – haben, Wirtschaftsdelikte zu begehen. Solche Mitarbeitende arbeiten oftmals in Ländern, in denen sie nicht mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen. Das Risiko hierbei ist im schlimmsten Fall auf eine Entlassung beschränkt.
Um diese negativen Anreize zu minimieren, sollten strengere Compliance-Vorschriften etabliert sowie die Informationsasymmetrie zwischen den Prinzipalen und den Agenten minimiert werden. Eine Informationsasymmetrie kann entstehen, wenn die Eigentümer eines Unternehmens (Prinzipale) die Leitung desselben an Dritte (Agenten) delegieren. Befragte sind der Meinung, dass Unternehmen schlechte Anreize für Mitarbeitende durch gute – beispielsweise Boni für regelkonformes Verhalten – ersetzen sollten. Werden Mitarbeitende unter Druck gesetzt, gewisse finanzielle Ziele zu erreichen, so können sie in Versuchung geraten, illegale Methoden anzuwenden, um dieses Ziel zu erreichen. Die Versuchung könnte durch ein positives Anreizsystem beseitigt werden und so dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden, die das Richtige tun, belohnt werden.
Bei allfälligen Fragen können Sie sich gerne an unsere Anwältinnen und Anwälte in Frauenfeld, Zürich sowie St. Gallen wenden.
Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt in der Schweiz. Er ist ausserdem Notar in St. Gallen und leitet Beratungsgesellschaften in Dubai, Liechtenstein und England.
Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Gerber, L. (2020). Les incitations en matière de conformité anticorruption. Expert Focus, 1–2, 41–44.