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Ambulante Nachbetreuung nach einer stationären Massnahme

Dr. iur. Dr. rer. pol. Fabian Teichmann, LL.M. hat im Jahr 2019 gemeinsam mit MLaw Amanda Brack einen Artikel für die Fachzeitschrift «Plädoyer» verfasst. Darin zeigen die Autoren auf, inwiefern eine ambulante Nachbetreuung nach einem Aufenthalt im stationären Massnahmenvollzug wichtig ist und weshalb, abgesehen von den Straftätern, sowohl die Gesellschaft als auch der Staat von einer solchen Praxis profitieren könnten. Die ambulante Nachbetreuung dient insbesondere zur Verhinderung der Rückfälligkeit von Straftätern. Gemäss einer bayerischen Studie aus dem Jahr 2016 wurden Straftäter, die nach der bedingten Entlassung eine ambulante Nachbetreuung genossen haben, nur halb so oft rückfällig, wie solche, die keine ambulante Nachbetreuung genossen haben. Auch andere internationale Studien führten zu identischen Ergebnissen. Eine solche Massnahme würde in der Schweiz unter Art. 60 StGB fallen. Indem bedingte Entlassungen aufgrund einer unmittelbar anknüpfenden ambulanten Nachbetreuung früher erfolgen könnten, würde eine solche ambulante Nachbetreuung eine valide Alternative zu stationären Massnahmen darstellen. Mit dem Ausbau der ambulanten Nachbetreuung innerhalb des schweizerischen Vollzugssystems könnte dementsprechend der Kapazitäts- und Kostenproblematik im stationären Massnahmenvollzug begegnet werden. Auch für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, was für die Mehrheit der Straftäter ein Stolperstein darstellt, würde eine ambulante Nachbetreuung zahlreiche Vorteile mit sich bringen.

Die ambulante Nachbetreuung ist von einer ambulanten Massnahme i.S.v. Art. 63 ff. StGB abzugrenzen. Die hier behandelte Nachbetreuung knüpft akzessorisch an der Anordnung stationärer Massnahmen i.S.v. Art. 59, 60 oder 61 StGB an.

Die Thematik der ambulanten Nachbetreuung wird erst dann relevant, wenn Vollzugslockerungen vollzogen werden. Der Straftäter muss dabei in ein Wohn- oder Arbeitsexternat (Art. 90 Abs. 2bis StGB) versetzt oder bedingt entlassen werden (Art. 62b Abs. 1 StGB). Die mit einer bedingten Entlassung angeordneten flankierenden Massnahmen (Bewährungshilfe) sind jedoch strikt von der ambulanten Nachbetreuung zu unterscheiden. Insbesondere sind nicht die gleichen Stellen zuständig. Die Bewährungshilfe ist kantonal geregelt. Die Hilfeleistungen erfolgen in zahlreichen Teilbereichen. Für eine ambulante Nachbetreuung ist jedoch eine spezialisiert Stelle zuständig, regelmässig jene, in der der Straftäter seiner stationären Massnahme unterzogen wurde. Dabei werden bereits involvierte Personen mit der Nachbetreuung beauftragt, was zu Stabilität führt und wichtig für die Resozialisierung ist. Die Teilbereiche, in denen die ambulante Nachbetreuung Unterstützung anbietet, sind der Bewährungshilfe sehr ähnlich. De facto verfolgen beide die Unterstützung des Straftäters hinsichtlich einer Integration in die Gesellschaft.

Die Autoren präsentieren abschliessend das Ambulatorium der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sowie die Forensische Ambulanz der universitären psychiatrischen Kliniken in Basel, die eine Vorbildrolle einnehmen.

Abschliessend betonen die Autoren die Wichtigkeit von allfälligen ambulanten Nachbetreuungen. Die 208 im Jahr 2017 zu einer stationären Massnahme nach Art. 59, 60 und 61 StGB verurteilten Personen sehen sich früher oder später mit Vollzugslockerungen konfrontiert. An dieser Stelle könnten die Betroffenen von einem flächendeckenden Ausbau der forensischen Ambulanzen nach dem zürcher oder basler Vorbild profitieren. Auch für die Gesellschaft wäre dies eine nachhaltige Investition.