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Aktuelle Herausforderungen bei der Entlassung aus einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB

Unsere Rechtsanwälte in Frauenfeld, St. Gallen und Zürich befassen sich alltäglich mit strafrechtlichen Themen. Der vorliegende Beitrag veranschaulicht die aktuellen Herausforderungen bei der Entlassung aus einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB. Veröffentlicht wurde der Artikel in der Zeitschrift Kriminalistik und geschrieben wurde er von Dr. Dr. Fabian Teichmann, Rechtsanwalt in der Schweiz, sowie von Amanda Brack, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Teichmann International (Schweiz) AG.

Es bestehen im Zusammenhang mit der Entlassung aus einer stationären Massnahme gemäss Art. 59 StGB aktuell einige Herausforderungen. Der vorliegende Artikel behandelt unter anderem die Problematik der Kompetenzverteilung zwischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden, die über eine allfällige Verlängerung der Massnahme entscheiden. Es wird des Weiteren das fehlende Angebot an Behandlungsplätze und die unbeschränkte Verlängerbarkeit einer stationären Massnahme bei psychisch kranken Tätern genauer untersucht.

Im Regelfall muss jeder Täter, der eine Tat begangen hat und dementsprechend verurteilt und in eine Institution eingewiesen wurde, irgendwann wieder entlassen werden. In der Schweiz waren im Jahr 2016 insgesamt 669 Personen stationär im Sinne von Art. 59 StGB untergebracht. Diese werden im Normalfall auch wieder entlassen. 58 Personen wurden im Jahr 2016 aus einer Massnahme nach Art. 59 StGB entlassen, 2017 waren es 53 Personen. Dies entspricht einer relativ geringen Anzahl von Entlassungen.

Es muss zuerst über zwei verschiedene Beendigungsformen aufgeklärt werden. Es gibt zum einen die Entlassung aus einer Massnahme und zum anderen die Aufhebung solcher. Nach einer erfolgreichen Behandlung findet im Regelfall eine Entlassung Anwendung. Aufhebungen im Sinne von Art. 62c StGB setzen hingegen einen Misserfolg der Massnahme voraus. In der Regel dauert eine solche Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB höchstens 5 Jahre. Die Verlängerungsmöglichkeit ist als Ausnahme gedacht. Nach Art. 62 Abs. 1 StGB darf ein Täter aus dem stationären Vollzug entlassen werden, sobald sein Zustand es rechtfertigt, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich in der Freiheit zu bewähren. Täter werden nicht direkt definitiv entlassen, sondern immer nur bedingt, was einer günstigen Person bedarf.

Nach Art. 59 Abs. 4 StGB ist es die Aufgabe der Vollzugsbehörde, die Verlängerung der Massnahme zu beantragen. Der Antrag ergeht in der Praxis erst kurz vor Ablauf der Massnahme, was problematisch ist, da die Massnahme so während der Dauer des Verfahrens betreffend Verlängerung abläuft. Zum Teil werden die Anträge auch erst nach Ablauf der Massnahme eingereicht. Es ist fragwürdig, was die Folgen des Fehlens eines gültigen Rechttitels für den Freiheitsentzug. Es können sich jedoch nach dem Bundesgericht für die Dauer einer Haft ohne gültigen Titel Haftentschädigungs- oder Genugtuungsansprüche ergeben. Ausserdem hat es beschlossen, dass der Entscheid über de Verlängerung der Massnahme in der Regel vor dem Fristenablauf der Massnahme ergehen muss. Bei weiteren Anliegen können Sie sich gerne an unsere Rechtsanwälte für Strafrecht in St. Gallen, Zürich und Frauenfeld wenden.

Zum Autor: Fabian Teichmann ist Rechtsanwalt und Notar in St. Gallen. Er ist ausserdem niedergelassener Europäischer Rechtsanwalt in Liechtenstein und leitet Beratungsgesellschaften in Dubai, Liechtenstein und England.

Mehr zu diesem Thema finden Sie in Teichmann, F. & Brack, A. (2020). Aktuelle Herausforderungen bei der Entlassung aus einer stationären Massnahme nach Art. 59 StGB. Kriminalistik, 1, 51–55.