de en ru it fr

Urteilsfähigkeit und Handlungsfähigkeit

Die Urteilsfähigkeit ist gesetzlich in Art. 16 ZGB geregelt. Urteilsfähig ist jede Person, welche in einer bestimmten Situation vernunftgemäss handeln kann. Damit ist einerseits das Begreifen der Tragweite der eigenen Handlungen gemeint sowie auch die Fähigkeit, sich der gewonnen Einsicht entsprechend zu verhalten. Besitzt eine Person diese Fähigkeiten nicht, so besteht auch keine Urteilsfähigkeit und es ist nicht möglich, dem eigenen Handeln rechtliche Wirkungen zukommen zu lassen. Hat eine urteilsunfähige Person ein Rechtsgeschäft abgeschlossen, so ist dieses unwirksam. Allenfalls muss dieses auch rückgängig gemacht werden. Ob eine Person urteilsfähig ist, ist immer hinsichtlich des konkreten Rechtsgeschäfts zu beurteilen. Daher ist es möglich, dass für eine Person mit Bezug auf bestimmte Handlungen eine Urteilsfähigkeit besteht, bei anderen Handlungen diese jedoch nicht gegeben ist.

Die Handlungsfähigkeit bzw. Handlungsunfähigkeit ist in Art. 13 ZGB sowie in Art. 17 ZGB geregelt. Unter der Handlungsfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, Rechte und Pflichten durch eigene Handlungen entstehen zu lassen. In der Schweiz ist handlungsfähig, wer volljährig, d.h. das 18. Altersjahr erreicht und wer urteilsfähig ist. Handlungsunfähig ist eine Person dann, wenn sie minderjährig, urteilsunfähig ist oder unter einer umfassenden Beistandschaft steht.

Ist eine Person in einer bestimmten Situation urteilsfähig aber nicht handlungsfähig, kann die urteilsunfähige Person grundsätzlich nur mit der Einwilligung der gesetzlichen Vertretung eine Verpflichtung begründen oder ein Recht aufgeben. Dies ist der Grundsatz, von dem es aber drei Ausnahmen gibt. Zum einen ist es möglich, auch ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertretung Vorteile zu erlangen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese unentgeltlich sind. Darunter fallen beispielsweise Schenkungen und Vermächtnisse. Ferner ist es möglich, auch ohne die Einwilligung der gesetzlichen Vertretung Angelegenheiten, die das tägliche Leben betreffen, auszuführen. Voraussetzung hierbei ist, dass diese geringfügig sein müssen. Ein klassisches Beispiel sind Lebensmitteleinkäufe. Zudem gibt es unterschiedliche höchstpersönliche Rechte, die einem ohne die Einwilligung der gesetzlichen Vertretung zukommen.

In allen anderen Fällen ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin bzw. des gesetzlichen Vertreters notwendig. Die Zustimmung kann im Vorhinein ausdrücklich oder auch stillschweigend erfolgen. Es ist aber auch möglich, dass die gesetzliche Vertreterin bzw. der gesetzliche Vertreter das Rechtsgeschäft im Nachhinein, nach dessen Abschluss, genehmigt. Lehnt die gesetzliche Vertreterin bzw. der gesetzliche Vertreter die Einwilligung zu dem bereits abgeschlossenen Rechtsgeschäft ab, können die Parteien des Vertrags die bereits erbrachten Leistungen soweit es geht zurückverlangen. Die Haftung der urteilsunfähigen Person beschränkt sich allerdings insofern, als dass die Leistung entweder bereits beansprucht wurde oder als im Zeitpunkt der Rückforderung beim Leistungsempfänger noch eine Bereicherung besteht.

Urteilsfaehigkeit und Handlungsfaehigkeit

Bei Fragen zu höchstpersönlichen Rechten helfen Ihnen unsere Anwältinnen und Anwälte in St. Gallen, Zürich und Frauenfeld gerne weiter.