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Latente Steuern im OR Einzelabschluss

Aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips im Steuerrecht ergibt die OR Jahresrechnung grundsätzlich bereits die Steuerbilanz. Trotzdem sind temporäre Differenzen zwischen Steuerbilanz und OR-Abschluss immer möglich. In dem Sinne stellt sich auch die Frage, ob und wie weit auf diese Differenzen latente Steuern zu erfassen sind. Bei Fragen zu latenten Steuern helfen Ihnen unsere Anwältinnen und Anwälte für Steuerrecht gerne weiter.

Abgesehen von der Pflicht, den Aufwand für die direkte Steuer separat in der Erfolgsrechnung auszuweisen, sehen die OR Vorgaben für den Einzelabschluss keine expliziten Vorschriften für die Behandlung von Steuern vor. Jedoch enthalten die, i.S.v. Art. 962a OR, anerkannten Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder Swiss GAAP FER klare Antworten hierzu. Zwar bestehen zwischen dem OR und den Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder Swiss GAAP FER einige Parallelen, Regelungslücken im OR können jedoch nicht einfach durch IFRS oder FER Regelungen ausgefüllt werden.

In der Rechnungslegung wird zwischen laufenden und latenten Steuern unterschieden. Ersteres bezieht sich auf den Steueraufwand gemäss den steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften. Latente Steuern wiederum ergeben den Steueraufwand, der sich nach Massgabe des handelsrechtlichen Ergebnisses resultieren würde.

Aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips werden Steuern im OR Einzelabschluss nach den steuerlichen Bilanzierungsvorschriften erfasst. So sind für wahrscheinliche zukünftige Steuerzahlungen erfolgswirksam Rückstellungen bzw. transitorische Passiven zu bilden. Steuervorauszahlungen wiederum sind zu aktivieren, wenn die Aktivierungsvoraussetzungen für ein transitorisches Aktivum oder Forderung erfüllt sind. Diese Art der Steueraufwandserfassung weist auf die Methode der laufenden Steuern hin. Jedoch bestehen in der Literatur einige Meinungen, die auf die Verwendung von latenten Steuern auch auf Stufe des OR Einzelabschluss befürworten. Dies ist vor allem der Fall bei versteuerten stillen Reserven. Somit ergibt sich eine gewisse Unklarheit für die Verwendung der latenten Steuern im OR Einzelabschluss, klar ist aber, dass es eher unüblich ist.

Das Instrument der latenten Steuern ist insbesondere aus der Konzernrechnung bekannt. So stellt die Konzernrechnung eine Fiktion dar, wobei eine bestimmte Anzahl an Gesellschaften und Steuersubjekten zu einem einzigen, fiktiven Steuersubjekt zusammengefasst werden. Nach dieser Logik entspricht auch die Konzernbilanz der Steuerbilanz. Die Umsetzung dieses Ergebnisses wird ermöglicht durch die Verwendung von latenten Steuern. So werden die erfassten Steueraufwände zeitlich in jene Periode verschoben, in welcher sie der Konzernbilanz entsprechen und nicht mehr der lokalen effektiven Steuerbilanzen. Dem entsprechen nicht nur Rechnungslegungsstandards wie IFRS oder Swiss GAAP FER, sondern auch das OR.

Gleiches gilt für die FER und IFRS bei einem Einzelabschluss. So sind die einzelnen Steuerwerte auf die Periode zu verschieben, in welcher sie nach diesen Regelwerken erfasst worden wären und nicht den lokalen Steuervorschriften. Allerdings haben in diesem Fall, mangels Massgeblichkeit, die Erfassung von latenten Steuern keine konkreten Steuerfolgen.

Anders beim OR Einzelabschluss, welcher mit dem kantonalen und Eidg. Steuersystem untrennbar verbunden ist. Entsprechend resultieren aus handelsrechtlichen Buchungen, wie auch die der latenten Steuern, steuerliche Folgen. Zweck der latenten Steuer ist jedoch wie beschrieben, die Loslösung des Einzelabschlusses von der Steuerbilanz, was gemäss OR Einzelabschluss aber nicht möglich ist. Entsprechend stellt sich die Frage, wie sinnvoll die Verwendung das Konzept der latenten Steuern für den OR Einzelabschluss ist.

Schlussendlich ist eine Anwendung nicht unmöglich, da das OR kein entsprechendes Verbot beinhaltet. Jedoch ist ein solcher Bilanzierungsansatz eher unüblich und nur bedingt überzeugend, bei Einhaltung aller Richtlinien jedoch vertretbar.

Bei Unklarheiten im Steuerrecht oder explizit die Verwendung von latenten Steuern, wenden Sie sich an einen unserer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Steuerrecht.