Werden Sie irgendwann einmal mit einem Freiheitsentzug oder einem Strafverfahren konfrontiert, ist es wichtig, dass Sie Ihre Rechte kennen. Bei Fragen oder bei einer Beratung zu diesem Thema, wenden Sie sich an einen unserer Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte für Strafrecht in St. Gallen, Zürich oder Frauenfeld.
Vorerst muss der Freiheitsentzug von der Freiheitsbeschränkung abgegrenzt werden. Als Freiheitsentzug bezeichnet man die Festhaltung gegen den Willen der betroffenen Person an einem bestimmten, begrenzten Ort für eine gewisse Dauer. Die Massnahme des Freiheitsentzugs muss eine gewisse Intensität aufweisen; diese ist aufgrund der gesamten Umstände bezüglich der Art, Dauer, Wirkung und Modalitäten des Vollzugs zu beurteilen. Der Freiheitsentzug umfasst alle Formen des Freiheitsentzugs, unter anderem die fürsorgerische Unterbringung, U-Haft oder Polizeihaft.
Legalitätsprinzip (Art. 31 Abs. 1 BV; Art. 5 Ziff. 1 Abs. 1 EMRK; Art. 9 Ziff. 1 UNO-Pakt II)
Das Legalitätsprinzip gewährt, dass die Freiheit einer Person nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden darf.
Unterrichtung über Rechte (Art. 31 Abs. 2 BV; Art. 5 Ziff. 2 EMRK; Art. 9 Ziff. 2 UNO-Pakt II)
Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte beim Freiheitsentzug in einer ihr verständlichen Sprache unterrichtet zu werden. Dies muss nicht unmittelbar bei der Festnahme erfolgen, wie es oft in Spielfilmen gezeigt wird, sondern kann auch erst kurz nach der Festnahme erfolgen. Zudem müssen die Angehörigen des Festgenommenen benachrichtigt werden, falls er das will.
Zeitnaher gerichtlicher Rechtsschutz bei U-Haft und bei nicht-gerichtlichem Freiheitsentzug (Art. 31 Abs. 3 und 4 BV; Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Art. 9 Ziff. 3 UNO-Pakt II)
Während der Untersuchungshaft hat die Person, die in Haft genommen wurde, einen Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden. Das muss innert 24-48 Stunden nach der Festnahme geschehen. Das Urteil muss in weiteren 48 Stunden erfolgen. Bei anderen Formen des Freiheitsentzugs muss die beschuldigte Person so rasch wie möglich – in der Regel innerhalb von 7 Tagen – einer Richterin oder einem Richter vorgeführt werden. Das Urteil muss so schnell wie möglich erfolgen.
Periodische Überprüfung des Freiheitsentzugs (Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Art. 9 Ziff. 4 UNO-Pakt II)
Jede Person, die festgenommen wurde, hat das Recht, die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs jederzeit gerichtlich überprüfen zu lassen. Diese Überprüfung darf in angemessenen Abständen verlangt werden. Sperrfristen sind nur bedingt und maximal einen Monat zulässig. Zwischen einem und drei Monaten sind zulässig, wenn sich in Bezug auf Haftgründe und Haftdauer keine Änderungen ergeben haben.
Anspruch auf Entschädigung (Art. 5 Ziff. 5 EMRK; Art. 9 Ziff. 5 UNO-Pakt II)
Wird eines der oben genannten Garantien verletzt, besteht ein Anspruch auf Schadenersatz.
Auf die Garantien im Strafverfahren kann man sich in einem Verfahren über eine strafrechtliche Anklage berufen. In polizeilichen Ermittlungsverfahren gelten viele, aber nicht alle Ansprüche – es gilt aber insbesondere die Unschuldsvermutung. Ausserdem gelten sie auch in Übertretungs-, Verwaltungsstraf-, Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren.
Unschuldsvermutung – in dubio pro reo (Art. 32 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 2 EMRK)
Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig. Diese Garantie wird auch als Unschuldsvermutung bezeichnet. Die Unschuldsvermutung wird unterteilt in die Beweislast- und Beweiswürdigungsregel. Die Beweislastregel besagt, dass die Beweislast beim Staat liegt. Es ist demnach seine Aufgabe, den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären. Die Beweiswürdigungsregel verbietet bei der rechtlichen Würdigung eines Straftatbestands von einem belastenden Sachverhalt auszugehen, wenn nach objektiver Würdigung der gesamten Beweise ernsthafte Zweifel bestehen, ob der Angeklagte schuldig ist. Eine einfache Wahrscheinlichkeit reicht folglich nicht aus. Sodann ist der Angeklagte freizusprechen.
Anspruch auf Verteidigung (Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 3 lit. b-d EMRK)
Der Anspruch auf Verteidigung setzt voraus, dass die angeklagte Person innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden. Diese Aufklärung kann wie bereits bei den Garantien beim Freiheitsentzug dargelegt, auch nach der Festnahme erfolgen. Der Anspruch auf Verteidigung beinhaltet das Recht auf ausreichend Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung des Prozesses. das Recht, sich selbst zu verteidigen oder eine(n) Verteidiger(in) beizuziehen, das Recht auf Kontakt mit der Verteidigung sowie das Recht auf Befragung von Zeugen. Brauchen sie einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Strafrecht in Frauenfeld, Zürich oder St. Gallen, der oder die sie bei der Verteidigung unterstützt, können Sie uns gerne kontaktieren. Werden Sie von der Polizei- oder Staatsanwaltschaft beschuldigt, eine Straftat begangen zu haben, haben Sie zudem das Recht auf den sogenannten «Anwalt der ersten Stunde». Dieser Anwalt ist auch ausserhalb der Bürozeiten erreichbar und begleitet Sie zur ersten Einvernahme. Versteht die angeklagte Person die Verhandlungssprache des Gerichts nicht oder spricht sie sie nicht, hat diese Anspruch auf die unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher.
Aussageverweigerungsrecht (ausdrücklich: Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II)
Die angeschuldigte Person ist berechtigt, sich während des ordentlichen Strafverfahrens nicht selbst belasten zu müssen, insbesondere gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen, und zu schweigen. Dies gilt sowohl vor der Polizei, Staatsanwaltschaft als auch vor Gericht.
Überprüfung durch ein höheres Gericht (Art. 32 Abs. 3 BV; Art. 2 des ZP Nr. 7 EMRK; Art. 14 Ziff. 5 UNO-Pakt II)
Wurde jemand wegen einer strafbaren Handlung verurteilt, hat dieser das Recht, das Urteil durch ein höheres Gericht überprüfen zulassen. Wenn also beispielsweise das Kreisgericht St. Gallen ein Urteil gefällt hat, kann dieses Urteil durch die nächsthöhere Instanz, in diesem Falle das Kantonsgericht St. Gallen, nachgeprüft werden.
Verbot der Doppelverfolgung (Art. 11 StPO; Art. 4 des ZP Nr. 7 EMRK; Art. 14 Ziff. 7 UNO-Pakt II)
Nach einem Freispruch oder einer Verurteilung darf keine erneute Verfolgung oder Bestrafung im gleichen Land wegen derselben strafbaren Handlung des gleichen Täters stattfinden.
Rückwirkungsverbot (Art. 7 EMRK; Art. 15 UNO-Pakt II)
Was zur Zeit der Tatbegehung nicht strafbar war, kann nicht im Nachhinein mit Strafe bedroht werden.