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Formvorschriften bei Verträgen

Das Vertragsrecht der Schweiz beruht auf dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Teilaspekte dieser Vertragsfreiheit sind die Abschluss- und Partnerwahlfreiheit, die Typenfreiheit, die Inhaltsfreiheit, die Aufhebungs- und Änderungsfreiheit sowie die Formfreiheit. Für bestimmte Verträge hat das Gesetz aber die grundsätzlich geltende Formfreiheit eingeschränkt und Formvorschriften vorgesehen. Geregelt ist die Form der Verträge in den Art. 11 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts. Ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin für Wirtschaftsrecht in der Schweiz kann Ihnen genauer darüber Auskunft geben, bei welchen Rechtsverhältnissen das Gesetz eine besondere Form vorsieht.

Beispiele für gesetzliche Formvorschriften:
«Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstande haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.» (Art. 216 Abs. 1 OR) «Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.» (Art. 505 Abs. 1 ZGB)

Es liegen insbesondere drei Gründe vor, weshalb solche Formvorschriften sinnvoll sind. Einerseits sollen sie die Vertragsparteien vor einem übereilten Vertragsabschluss schützen. Die Beteiligten sollen sich über den Vertragsinhalt und die daraus rechtliche Verpflichtung und deren Konsequenzen Gedanken machen. Dies wird durch eine besondere Formvorschrift sichergestellt, da nicht voreilig mündliche Verträge geschlossen werden können. Verträge, die unter einer besonderen Form abgeschlossen werden, bringen eine höhere Sicherheit und Beweiskraft mit sich, da der Inhalt in einer äusseren Form verkörpert wird (Sicherungsfunktion). Ausserdem führt die zwingende Einhaltung einer bestimmten Form dazu, dass die Rechtslage eindeutig geklärt werden muss. Dies ist nicht nur für die Parteien untereinander vorteilhaft, sondern insbesondere auch für Dritte (Klarstellungsfunktion).

Ist vom Gesetz für einen bestimmten Vertrag keine Form vorgeschrieben, können die Parteien selbst einen Formvorbehalt vorsehen. In diesem Fall werden die Parteien durch den Vertrag nicht verpflichtet, solange diese Form nicht erfüllt ist. Die Anwältinnen und Anwälte für Wirtschaftsrecht in Frauenfeld, St. Gallen oder Zürich können Ihnen bezüglich eines vertraglichen Formvorbehalts nach Art. 16 OR weitere Informationen geben.

Wird durch das Gesetz eine besondere Form vorgeschrieben und ist über Bedeutung und Wirkung dieser Formvorschrift nichts bestimmt, hängt von deren Einhaltung die Gültigkeit des Vertrages ab. Wird beispielsweise ein Grundstückskaufvertrag nicht öffentlich beurkundet, liegt kein gültiger Vertrag vor. Folge dieses Formmangels ist demnach die Nichtigkeit des Vertrags. Ein Formmangel kann jederzeit von jedermann geltend gemacht werden. Der Richter hat ihn aber nur zu berücksichtigen, wenn sich jemand darauf beruft. Möchten Sie einen Formmangel geltend machen, können Ihnen die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Wirtschaftsrecht in St. Gallen, Frauenfeld oder Zürich behilflich sein.

Einfache Schriftlichkeit

Fordert das Gesetz einfache Schriftlichkeit, muss die Erklärung in Schriftform erfolgen. Sie muss dauerhaft aufgezeichnet und auf einem körperlichen Gegenstand egal welcher Art festgehalten sein (Papier, Holz, Plastik etc.). Ausserdem ist meist die Unterschrift aller Personen, die durch das Rechtsgeschäft verpflichtet werden sollen, erforderlich.

Beispiele: Schenkungsversprechen (Art. 243 Abs. 1 OR), Erbteilungsvertrag (Art. 634 Abs. 2 ZGB), Abtretung von Forderungen (Art. 165 Abs. 1 OR)

Qualifizierte Schriftlichkeit

Das Erfordernis einer qualifizierten Schriftlichkeit liegt vor, wenn neben den gewöhnlichen Vorschriften für die einfache Schriftlichkeit noch weitere zusätzliche Elemente verlangt werden. Dies kann die Aufnahme bestimmter inhaltlicher Elemente oder das Verwenden bestimmter Wörter sein. Auch möglich ist die Voraussetzung der Eigenschriftlichkeit. Dabei müssen je nach gesetzlicher Vorschrift das gesamte Dokument oder einzelne Teile davon eigenhändig geschrieben werden. Die Pflicht zur Verwendung eines speziellen amtlich genehmigten Formulars stellt ebenfalls ein Element dar, welches zum Formerfordernis der qualifizierten Schriftlichkeit führt. Ein Anwalt oder eine Anwältin für Wirtschaftsrecht in Zürich, St. Gallen oder Frauenfeld kann Sie zu den zusätzlichen Voraussetzungen ausführlicher beraten.

Beispiele: Lehrvertrag (Art. 344a Abs. 1 OR), Gründung eines Vereins (Art. 60 Abs. 2 ZGB)

Öffentliche Beurkundung

Die öffentliche Beurkundung stellt die strengste Formvorschrift dar, die das Gesetz vorsehen kann und kommt bei besonders wichtigen Geschäften zur Anwendung. Öffentlich beurkundete Verträge erbringen deshalb auch vollen Beweis für die durch sie bezeugten Tatsachen, solange nicht die Unrichtigkeit des Inhaltes nachgewiesen ist (Art. 9 ZGB). Für eine öffentliche Beurkundung ist eine Aufzeichnung der Tatsachen und Erklärungen durch eine vom Staat mit dieser Aufgabe betrauten Person, nach gefordertem Verfahren und in der geforderten Form erforderlich. Meist sind es Notare, die eine öffentliche Beurkundung vornehmen können.

Beispiele: Errichtung einer Stiftung (Art. 81 Abs. 1 ZGB), Vertrag auf Errichtung eines Grundpfandes (Art. 799 Abs. 2 ZGB)