Das Bezirksgericht Lenzburg hat beim Fall Rupperswil den Mörder zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und ordentlichen Verwahrung verurteilt. Das bedeutet, dass, falls der Täter frühzeitig aus der Haft entlassen wird, er noch eine Verwahrung absitzen muss – als eine zweite Sicherungslinie. Dieses Urteil wurde in der Praxis als sachgerecht und angemessen bewertet. Tatsächlich ist diese Kombination von lebenslänglicher Freiheitsstrafe und Verwahrung aber juristischer Nonsens.
Bei der lebenslänglichen Freiheitsstrafe handelt es sich um eine Strafe, bei der ordentlichen Verwahrung um eine Massnahme. Gemäss Art. 64 Abs. 3 StGB besteht die Möglichkeit, beide Sanktionen anzuordnen, woraus sich schliessen lässt, dass diese Kombination auch erlaubt ist. Auch das Bundesgericht bejaht in BGE 142 IV 56 die kumulative Anordnung der lebenslänglichen Freiheitsstrafe und der ordentlichen Verwahrung. Es begründet das damit, dass die Anforderungen für die Entlassung aus der Verwahrung höher sind als die Anforderungen für die Entlassung aus der lebenslangen Freiheitsstrafe und damit ein höherer Schutz der Gesellschaft vorliegt.
Wurde der Täter zu einer lebenslangen Freiheitstrafe verurteilt, kann er die Haft frühestens nach 15 Jahren verlassen (Art. 86 Abs. 5 StGB). Dies ist möglich, wenn es das Verhalten des Täters im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen (Art. 86 Abs. 1 StGB).
Eine ordentliche Verwahrung kann angeordnet werden, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat (Art. 64 Abs. 1 StGB). Ausserdem muss er dadurch die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person schwer beeinträchtigt haben oder beeinträchtigen wollen (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 StGB). Hinzu kommt, dass aufgrund der Persönlichkeitsmerkmale des Täters, der Tatumstände und seiner gesamten Lebensumstände ernsthaft zu erwarten ist, dass er weitere Taten dieser Art begeht (Art. 64 Abs. 1 lit. a StGB) oder dass er aufgrund einer anhaltenden oder langdauernden psychischen Störung von erheblicher Schwere ernsthaft zu erwarten ist, dass der Täter weitere Taten dieser Art begeht (Art. 64 Abs. 1 lit. b StGB). Bei lit. a und b wird demzufolge vorausgesetzt, dass zu erwarten ist, dass er weitere strafbare Taten begehen wird.
Wird folglich ein Täter aus der lebenslänglichen Freiheitsstrafe vorzeitig entlassen, dann besteht keine Gefahr mehr, dass er weitere Verbrechen oder Vergehen begehen wird. Sodann sind die Anforderungen der Verwahrung nicht mehr erfüllt, welche voraussetzt, dass beim Täter eine Rückfallgefahr besteht. Die Anordnung beider Sanktionen ist deshalb widersprüchlich. Deshalb wird der Rupperswiler Täter nie von der Freiheitsstrafe in die Verwahrung wechseln.
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