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Der rechtfertigende Notstand (Art. 17 StGB)

Der rechtfertigende Notstand ist ein strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund und ist in Art. 17 StGB verankert. Ist dieser Rechtfertigungsgrund gegeben, handelt der Täter nicht rechtswidrig. Bei allfälligen Unklarheiten stehen unsere Anwälte und Anwältinnen für Strafrecht in St. Gallen, Zürich und Frauenfeld gerne für Sie zur Verfügung.

Objektive Voraussetzungen

Bestehen einer Notstandslage

Der rechtfertigende Notstand verlangt vorerst das Bestehen einer Notstandslage. Dazu muss eine unmittelbare Gefahr für ein Individualrechtsgut des Täters oder einer dritten Person vorliegen. Eine Gefahr besteht bei einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens des Individualrechtsguts und muss aus Sicht eines durchschnittlichen Dritten in der Lage des Täters (ex ante) eingeschätzt werden. Unmittelbar ist die Gefahr, wenn der Schaden unmittelbar bevorsteht oder wenn gerade der letzte Zeitpunkt besteht, das Individualrechtsgut zu schützen, bevor eine Abwehr zu spät sein könnte oder nur noch unter sehr viel grösseren Risiken möglich wäre. Auch ausreichend ist eine Dauergefahr, also eine Rechtsgutsverletzung, die ständig in der Luft hängt. Die Ursache der Gefahr ist grundsätzlich unerheblich.

Abwehrhandlung

Die Abwehrhandlung darf nicht anders abwendbar sein: Es muss ein geeignetes und das mildeste Mittel zur Abwehr der Gefahr darstellen. Anders als bei der Notwehr besteht jedoch eine Pflicht zur Flucht oder zum Ausweichen, soweit dies möglich ist. Kann zur Abwehr der Gefahr auf gesetzlich vorgesehene Verfahren oder auf obrigkeitliche Hilfe (z.B. Polizei) zurückgegriffen werden, sind diese Möglichkeiten zuerst zu ergreifen, es sei denn, die Gefahr kann so nicht rechtzeitig beseitigt werden. Hinzu kommt, dass die Abwehrhandlung zur Wahrung höherwertiger Interessen dienen muss. Dazu muss eine Interessenabwägung erfolgen, wobei alle Umstände der Tat mit einzubeziehen sind. Kriterien dafür sind der Rang der betroffenen Rechtsgüter (z.B. körperliche Unversehrtheit vs. Eigentum) oder das Ausmass des jeweils drohenden Schadens (z.B. Kreuzbandriss vs. Prellung). Qualitative Abstufungen des menschlichen Lebens sind jedoch verpönt - das Leben eines gesunden Menschen ist nicht wertvoller als das Leben eines kranken Menschen. Die Anzahl der betroffenen Personen erhöht den Wert der höchstpersönlichen Rechtsgüter nicht (z.B. wiegen 100 Leben nicht schwerer als eins). Bei der Interessenabwägung können Ihnen Anwälte und Anwältinnen für Strafrecht in Zürich, St. Gallen und Frauenfeld behilflich sein.

Subjektive Voraussetzungen des Notstands

Subjektiv wird vorausgesetzt, dass der Täter die Notstandslage kennt und mit Rettungswillen handelt. Liegen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Notstandes vor, ist eine Notstandslage gegeben und der Täter verhaltet sich nicht rechtswidrig.

Notstandshilfe

Neben der gefährdeten Person ist auch eine Drittperson zur Notstandshandlung berechtigt, um die Gefahr abzuwenden. Für den Notstandshelfer gelten genau die gleichen Voraussetzungen wie für den Gefährdeten selbst. Die Gefahr darf jedoch nicht gegen den Willen des Gefährdeten abgewendet werden.