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Strafvollzug in der Schweiz

Bereits als Kinder lernen wir, dass gewisse Straftaten eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen können. In jedem Fall sollte der oder die Beschuldigte eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen. Unsere Anwältinnen und Anwälte in Zürich, St. Gallen und Frauenfeld setzen sich somit im Rahmen ihrer Arbeit somit regelmässig mit Fragen des Freiheitsentzuges auseinander. Nachfolgend werden die Aspekte des Strafvollzuges in der Schweiz erläutert.

In der Schweiz befanden sich am 1.1.2021 6906 Personen im Freiheitsentzug. Die Organisation des Freiheitsentzugs ist eine kantonale Aufgabe und wird in den 26 Kantonen individuell geregelt. Doch wie läuft das Leben nach dem Schuldspruch für die Betroffenen ab und was erwartet sie im Gefängnis?

Die verurteilten Personen werden nach dem Schuldspruch durch die zuständige Vollzugsbehörde in das Gefängnis eingewiesen. Frauen und Männer haben getrennte Gefängnisse. Grundsätzlich gibt es nur zwei verschiedenen Typen von Strafanstalten. Ob eine Person eine Freiheitsstrafe in einer offenen oder in einer geschlossenen Institution vollziehen kann, hängt von der Beurteilung der Flucht- und Rückfallgefahr ab. Vom Antritt der Strafe bis zum Ende des Vollzugs durchläuft die inhaftierte Person dann verschiedene Vollzugsstufen mit immer mehr Freiheiten.

Geschlossener Strafvollzug

Aus dem Strafgesetzbuch geht hervor, dass Gefangene grundsätzlich in offene Anstalten einzuweisen sind, ausser es bestehe die Gefahr, dass sie fliehen oder weitere Straftaten begehen werden. Flucht- oder Rückfallgefahr wird insbesondere dann angenommen, wenn die betroffene Person über kein Beziehungsnetz in der Schweiz verfügt (Kriminaltourismus). Doch nicht nur das Beziehungsnetz ist entscheidend, auch die Vorgeschichte und die psychologischen Gutachten geben Hinweise, ob ein geschlossener Vollzug notwendig erscheint.

Mittels individuellen Vollzugsplänen werden Arbeitseinsätze, psychologische Betreuung, Weiterbildungsmöglichkeiten, Beziehungen zur Aussenwelt und die Vorbereitung der Entlassung für die Häftlinge geplant und somit den Anstaltsalltag gestaltet.

Normalvollzug

In der Schweiz erfolgt der Strafvollzug sofern möglich in Form des Progressionsvollzugs. Durch die Gewährung von immer mehr Öffnungsschritten können die inhaftierten Personen lernen, sich in immer grösseren Freiräumen zu bewegen. Dies fördert die schrittweise Integration. Die Gefangenen verbringen jedoch zunächst die Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Anstalt innerhalb von bestimmten Gruppen. Erst Schritt für Schritt werden Freiheiten eingeräumt und nur solange die Regeln eingehalten werden. Man vertraut auf die Einsicht der Insassen und Urlaub sowie Ausgang sind wichtiger Bestandteil der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Im Arbeitsexternat ist es sogar möglich, eine Stelle in der Aussenwelt anzunehmen und für die Freizeit sowie die Nächte zurück ins Gefängnis zu kehren. Diese Form des Strafvollzugs wird in der Regel erst ein Jahr vor der bedingten Entlassung erteilt.

Bedingte Entlassung

Nach zwei Dritteln der absolvierten Freiheitsstrafe können Häftlinge entlassen werden, wenn ihr Verhalten dies zulässt und keine Hinweise auf erneute Vergehen bestehen. Für die restliche Dauer des Strafmasses muss der Häftling sich bewähren. Ein weiteres Vergehen könnten ihn oder sie direkt zurück ins Gefängnis bringen, doch mittels eines Bewährungshelfers sollte dies verhindert werden können.