Die Bundesversammlung, namentlich National- und Ständerat, ist das oberste Organ im Bund. Ihr fallen Aufgaben wie die Ausarbeitung der Gesetzgebung, Wahl der Bundesräte oder die Oberaufsicht über die Bundesverwaltung zu. Die Bundesversammlung setzt sich aus Politikern der unterschiedlichen Parteien zusammen, die im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit über Abstimmungsvorlagen, neue Gesetze und Budgetentwürfe diskutieren. Für die Äusserungen der Politikerinnen und Politikern in den Räten können sie rechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Es herrscht eine politische Immunität, die in Art. 162 der Bundesverfassung sowie in Art. 16 und 17 des Parlamentsgesetzes (ParlG) geregelt ist.
Dabei wird unterschieden zwischen der absoluten, der relativen Immunität und der Sessionsteilnahmegarantie.
Die absolute Immunität schützt Mitglieder der Bundesversammlung, des Bundesrates sowie die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler vor Strafverfolgung bezüglich ihrer Äusserungen in den Räten sowie deren Organe. Sie können weder strafrechtlich noch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die relative Immunität schützt hingegen strafbare Handlungen, welche im unmittelbaren Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung stehen. Diese Immunität gilt für Mitglieder der Bundesversammlung, des Bundesrates, der Bundesgerichte, die Bundeskanzlerin / der Bundeskanzler, die Bundesanwältin/ der Bundesanwalt sowie die sieben Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft. Die relative Immunität schützt die Mitglieder zwar vor einer strafrechtlichen Verfolgung, nicht jedoch vor einer zivilrechtlichen. Die Sessionsteilnahmegarantie schützt Ratsmitglieder nicht vor der Strafverfolgung an sich, sondern ist nur eine Verhinderung der Verfolgung während des Sessionszeitraums. So soll während einer Session kein/e Politiker oder Politikerin von der Strafverfolgungsbehörde abgeführt werden. Diese Garantie gilt jedoch nur für Verbrechen oder Vergehen, welche nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der amtlichen Stellung und Tätigkeit einhergehen.
Zur Aufhebung der Immunität muss die Strafverfolgungsbehörde vorgängig ein Gesuch bei der Immunitätskommission des Nationalrates bzw. der Rechtskommission des Ständerates einreichen. Sodann überprüft die Kommission in einem ersten Schritt, ob die Handlung unter die relative Immunität fällt. Wird dies verneint, so können sie nicht auf das Gesuch eintreten. Ebenfalls wird das Gesuch abgelehnt, wenn kein unmittelbarer Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit nachgewiesen werden kann. Tritt die Kommission auf das Gesuch ein, überprüft sie in einem zweiten Schritt, ob ein Straftatbestand vorliegt. Liegt eine strafbare Handlung vor, so wägt die Kommission zwischen dem öffentlichen Interesse und der Immunität des parlamentarischen Mandats ab. Überwiegt das öffentliche Interesse kann die Strafverfolgung durch den Bund stattfinden.
In der Vergangenheit haben sich jedoch die Parlamentarierinnen und Parlamentarier fast immer gegen eine Aufhebung der Immunität ausgesprochen, was die Bedeutung der politischen Immunität unterstreicht. Sollten Sie Fragen zu dieser Thematik haben, stehen Ihnen unsere Anwältinnen und Anwälte in St. Gallen, Zürich und Frauenfeld gern zur Verfügung.