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Die Koalitionsfreiheit

In einigen europäischen Ländern wie bspw. Frankreich oder Italien finden regelmässig Streiks von Arbeitnehmenden in verschiedenen Branchen statt, während in der Schweiz ganz im Gegensatz dazu nur in seltenen Fällen gestreikt wird. Dies, obwohl die schweizerische Bundesverfassung Streiks resp. Aussperrungen grundsätzlich erlaubt. Die Rede ist dabei von Art. 28 BV, welcher das Freiheitsrecht der Koalitionsfreiheit begründet und in diesem Artikel kurz aufgegriffen werden soll.

Koalitionsfreiheit bedeutet einerseits, dass den Arbeitnehmendem sowie den Arbeitgebenden das Recht offensteht, sich zum Schutz ihrer Interessen zusammenzuschliessen, Vereinigungen zu bilden und solchen beizutreten oder fernzubleiben. Die Rede ist dabei von Arbeitnehmerverbänden wie bspw. der UNIA oder Arbeitgeberverbänden wie bspw. economiesuisse. Andererseits beinhaltet die Koalitionsfreiheit auch das Recht zur Ausübung eines Streiks oder einer Aussperrung im Rahmen des Arbeitskampfs. Dabei gilt zu erwähnen, dass der Streik das Arbeitskampfmittel der Arbeitnehmenden und die Aussperrung jenes der Arbeitgebenden darstellt.

Definitionsgemäss handelt es sich bei einem Streik um die kollektive Verweigerung der geschuldeten Arbeitsleistung zum Zweck der Durchsetzung von Forderungen nach bestimmten Arbeitsbedingungen gegenüber einem oder mehreren Arbeitgebenden. Folglich ist von einer Aussperrung auf der anderen Seite dann die Rede, wenn ein kollektiver Ausschluss von Arbeitnehmendem von Arbeit und Lohn im Kampf um bestimmte Arbeitsbedingungen erfolgt.

Nicht immer handelt es sich bei einem Arbeitskampf auch um eine rechtmässige Auseinandersetzung. So sind Streik oder Aussperrung gemäss Art. 28 Abs. 3 BV nur zulässig, wenn sie Arbeitsbeziehungen betreffen und wenn keine Verpflichtungen entgegenstehen, den Arbeitsfrieden zu wahren oder Schlichtungsverhandlungen zu führen. Zudem dürfen nur Gewerkschaften zu einem Streik und nur Arbeitgeberverbände resp. der betroffene Arbeitgeber zu einer Aussperrung aufrufen. Aussperrungen sind dabei immer nur als Antwort auf einen Streik zulässig und dürfen einen Arbeitskampf nicht beginnen. Allgemein muss stets auch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet werden, was bedeutet, dass Streik und Aussperrung nur als letztes Mittel dienen dürfen, wenn sonst nichts anderes mehr möglich ist. Letztendlich darf auf Grundlage von Art. 28 Abs. 4 BV auch kein gesetzlicher Ausschluss eines Streiks verletzt werden.