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Informations- und Auskunftspflichten des Lehrpersonals gegenüber geschiedenen Elternteilen

Im Hinblick auf die Regelungen bezüglich Informationsrechts und Entscheidungen über die Kindesbelange benötigt es eine kurze Einführung in die wichtigsten Begriffe. Die elterliche Sorge bezeichnet die gesamte Verantwortung über das Kind, es kann bei geschiedenen Paaren gemeinsam oder allein ausgeübt werden. Vor allem Entscheidungen über die Erziehung, Ausbildung und Verwaltung des Kindesvermögens unterliegen der elterlichen Sorge. Die elterliche Obhut dagegen regelt nur, wo sich das Kind aufhalten darf. Aus der Obhut kann nicht die elterliche Sorge abgeleitet werden. Im Einzelfall sollte eine individuelle Prüfung durch einen Anwalt oder eine Anwältin für Familienrecht erfolgen.

Gemeinsame elterliche Sorge

Mit der Scheidung der Ehe wird zwar das Verhältnis zwischen den Ehepartnern aufgelöst, nicht aber das Verhältnis zum Kind. So geht man im Normalfall von einer gemeinsamen elterlichen Sorge aus, was bedeutet, dass die Eltern alle Entscheidungen im Hinblick auf das Wohl des Kindes gemeinsam treffen. In der Praxis wird vermutet, dass die Zusammenarbeit zwischen den geschiedenen Eltern funktioniert und es daher ausreicht, wenn schulische Informationen an einen Elternteil gesendet werden. Dieser ist für die Weiterleitung an den/die geschiedene/n Partner/in zuständig. Sofern jedoch bekannt ist, dass die beiden Elternteile nicht miteinander kommunizieren, sollte die Schule die Elternteile einzeln informieren. Die Anwältinnen und Anwälte für Familienrecht unserer Kanzlei in St. Gallen, Zürich und Frauenfeld kommen regelmässig mit derartigen Fällen in Berührung und vermitteln hierbei zielführend zwischen den Parteien.

Alleinige elterliche Sorge

Können die Eltern nicht miteinander kommunizieren oder ist das Kindeswohl gefährdet, so wird die elterliche Sorge einem Elternteil allein zugesprochen. In diesen Fällen entscheidet der Inhaber oder die Inhaberin der elterlichen Sorge allein über die Kindesbelangen. Der andere Elternteil hat lediglich ein Informations-, Anhörungs- und Auskunftsrecht. Sinn dieses Rechts ist die Ermöglichung der Teilnahme am Leben des Kindes. Der nichtsorgeberechtigte Elternteil soll die Entwicklung mitverfolgen können und unterstützend wirken, für das muss er/sie jedoch informiert werden über die Geschehnisse im Leben des Kindes. Die Pflicht den nichtsorgeberechtigten Elternteil zu informieren, obliegt jedoch nur dem sorgeberechtigten Elternteil und nicht den Lehrpersonen. Diese dürfen jedoch Informationen herausgeben oder den nichtsorgeberechtigten Elternteil anhören. Ebenfalls hat er/sie das Recht, Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes beim Lehrpersonal einzuholen. Dazu benötigt er/sie auch keine Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils. Das Auskunftsrecht ist jedoch auf den Zustand und die Entwicklung des Kindes beschränkt. So dürfen keine erzieherischen Fragen oder Auskünfte über das familiäre Verhältnis beantwortet bzw. erteilt werden. Dieses Recht soll nicht als Kontrollrecht missbraucht werden, indem der sorgeberechtigte Elternteil überprüft werden kann oder vertrauliche Gespräche im Konflikt zwischen den Elternteilen plötzlich instrumentalisiert werden.

Informations- und Auskunftsrechte können insbesondere bei einer Kindeswohlgefährdung eingeschränkt oder gar entzogen werden. Der Entzug erfolgt durch die zuständige Behörde wie beispielsweise die KESB. Somit liegt die Erteilung von Informationen nicht im freien Ermessen der Schule. Vielmehr können sich die Lehrpersonen darauf verlassen bei einem allfälligen Entzug/Beschränkung durch den sorgeberechtigten Elternteil informiert zu werden, damit sie wissen, welche Informationen sie wem mitteilen dürfen.

Damit Lehrpersonen die Eltern korrekt informieren können und auch über die familiäre Situation informiert sind, sollten die Regelung der elterlichen Sorge und der Obhut im Vorhinein abgeklärt werden. Dies kann konfliktreiche Situationen verhindern.