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Rechtmässige Enteignung von Privateigentum

Die Schweiz hat seit Jahren eine wachsende Wohnbevölkerung. Die immer grösser werdende Gesellschaft braucht Platz und eine moderne Infrastruktur wie Autobahnen, öffentliche Bauten und Zugschienen. Diese wiederum benötigen Bauland, was heute nicht immer in genügender Menge und am richtigen Ort vorhanden ist, was zur Notwendigkeit von Enteignungen, dem Entzug von Eigentum, führt.

Drei Teilgehalte

Eine zentrale Säule des schweizerischen Rechtsstaats ist die Eigentumsgarantie in Art. 26 der Bundesverfassung. Sie garantiert den Bestand von privatem Eigentum als Abwehrmöglichkeit von unzulässigen Zugriffen durch den Staat und dient als Institutsgarantie, dass jeder Anspruch auf Eigentum hat. Ein weiterer Teilgehalt der Eigentumsgarantie ist der Anspruch auf Entschädigung, sofern eine zulässige Enteignung vorliegt.

Voraussetzungen für eine Enteignung

Die Voraussetzungen für einen zulässigen Eingriff in das private Eigentum sind in Art. 36 der Bundesverfassung geregelt. So braucht es zunächst eine gesetzliche Grundlage in einer Kantonsverfassung, einem kantonalen- oder Bundesgesetz. Für leichte Eingriffe, die das Eigentum nicht entziehen, sondern lediglich in zumutbare Weise beschränken, reicht auch eine Verordnung auf bundes- oder kantonaler Stufe aus.

Als zweite Voraussetzung ist ein öffentliches Interesse erforderlich. Anerkannte öffentliche Interessen wie beispielsweise Raumplanung, Umweltschutz, Sozialpolitische oder wirtschaftliche Interessen müssen stets gegen die Enteignung abgewogen werden. Grundsätzlich gilt jedoch jedes öffentliche Interesse als geeignet mit Ausnahme der rein fiskalischen (geldpolitischen) Interessen.

Des Weiteren darf die Enteignung nicht gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen. Sie muss das mildeste Mittel sein, um das öffentliche Interesse erreichen zu können und muss zudem überhaupt geeignet sein, um es zu realisieren. Sind eine gesetzliche Grundlage, ein überwiegendes öffentliches Interesse und die Verhältnismässigkeit gegeben, so kann von einer zulässigen Enteignung ausgegangen werden.

Entschädigung

Ein Teilaspekt der Eigentumsgarantie ist die Wertgarantie, die den Anspruch auf eine Entschädigung bei einer rechtmässigen Enteignung verkörpert. Aber nicht jeder Eingriff in die Eigentumsgarantie löst auch einen Entschädigungsanspruch aus. So werden nur schwere Eingriffe entschädigt, die eine bestimmungsgemässe und wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Eigentums nicht mehr zulassen. Lediglich Beschränkungen wie beispielsweise Vorschriften des Denkmalschutzes zur Fassade eines Hauses sind nicht als schwere Eingriffe zu bezeichnen, wobei auch keine Entschädigungen gesprochen werden. Das Bundesgesetz über Enteignung sieht daher auch nur eine volle oder gar keine Entschädigung vor. So wird die Höhe des Verkehrs- oder Ertragswertes samt zusätzlichen, durch die Enteignung verursachten Schadens vergütet oder eben nicht. Der Schaden wird durch eine Entschädigungssumme kompensiert, wobei nur selten auch ein Realersatz in Frage kommt.

Trotz der enorm regulierten Thematik kommen Enteignungen nur sehr selten in der Schweiz vor. Dies zeigt auch der International Property Rights Index, wobei die Schweiz Platz 2 der Rangliste einnimmt und beweist, dass das Schweizer Eigentum sehr gut vor staatlichen Eingriffen geschützt ist. Sollten sich dennoch Fragen oder Problematiken in diesem Zusammenhang ergeben, empfiehlt es sich in jedem Fall, eine Anwältin oder einen Anwalt in St. Gallen, Zürich oder Frauenfeld hinzuzuziehen, um langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.