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Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess

Eine mittellose Person wird durch den geschiedenen Ehepartner auf Unterhalt verklagt. Nun steht die Person vor einem Problem. Ein Anwalt ist teuer und doch von enormer Bedeutung zur Durchsetzung ihrer Rechte. Hat man von Gesetzes wegen nun einen Anspruch auf einen Rechtsbeistand?

Rechtsgrundlage

Normalerweise muss eine Person, die einen ihr zustehenden Anspruch vor Gericht durchsetzen möchte, die Gerichtskosten vorschiessen und benötigt unter Umständen einen Anwalt oder eine Anwältin für die Beratung und Verfassung der notwendigen Schriften. Unsere Anwaltskanzlei mit Standorten in St. Gallen, Frauenfeld und Zürich steht KlientInnen in diesen Fällen beratend zur Seite. Die Verfahrensgarantie stellt sicher, dass niemandem den Zugang zur Rechtspflege auf Grund von Mittellosigkeit verwehrt wird.

Dieser Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist in Art. 29 Abs. 3 der Bundesverfassung sowie Art. 117 ZPO geregelt. Der Artikel besagt, dass jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege hat. Als mittellos wird jene Partei bezeichnet, dessen Einkommen das betreibungsrechtliche Existenzminimum um maximal 500 CHF überschreitet und keine weiteren Vermögenswerte besitzt. Der Anspruch unterliegt jedoch einer Einschränkung. Das Rechtsbegehren darf nicht von vornherein schon aussichtlos erscheinen. Ebenfalls hat die Person nicht nur Anspruch auf die notwendigen Mittel, sondern auch Anspruch auf einen Rechtsbeistand, insbesondere wenn die Gegenpartei ebenfalls anwaltlich vertreten ist. Die unentgeltliche Rechtspflege steht schweizerischen sowie ausländischen Bürgern zu.

Inhalt des Anspruchs

Laut Art. 118 ZPO kann die unentgeltliche Rechtspflege durch das Gericht ganz- oder teilweise gewährt werden. Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst die Befreiung von Vorschuss- und Sicherheitsleistungen, die Befreiung von Gerichtskosten und die gerichtliche Bestellung eines Rechtsbeistandes, wenn dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist. Die Bewilligung des Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege befreit die betroffene Partei jedoch nicht vor der allfälligen Pflicht, die Gegenpartei bei entsprechendem Urteil zu entschädigen.

Höchstpersönliches Recht

Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege ist ein höchstpersönliches Recht und unmittelbar mit der Persönlichkeit der Person verbunden. Daher ist Trägerin der unentgeltlichen Rechtspflege nur diejenige Partei, die den Anspruch geltend gemacht hat. Allfällige Erben oder neueintretende Parteien, die an die Stelle der berechtigten Person rücken, haben keinen Anspruch auf die unentgeltliche und bereits gewährte Rechtspflege.

Subsidiarität der unentgeltlichen Rechtspflege

Sollte der verfassungsmässig garantierte Zugang zum Gericht oder zum Zivilprozess mittels Hilfe Dritter ermöglicht werden können, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Dies bedeutet konkret, wenn Ehegatten, Eltern oder Rechtsschutzversicherung den notwendigen Betrag bezahlen können, so besteht kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege.

Ablauf

Die unentgeltliche Rechtspflege wird nur auf Gesuch hin bewilligt. Dieses Gesuch kann auf der Homepage des zuständigen Kantons heruntergeladen werden, muss schriftlich ausgefüllt und beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Ebenfalls müssen alle notwendigen Unterlagen miteingereicht werden. Notwendige Unterlagen sind beispielsweise die Lohnauszüge, Miet- und Nebenkosten, Versicherungskosten oder Angaben zu Kinderzulagen. Unvollständige oder falsche Belege können zur Abweisung des Gesuchs führen. Der Gesuchsteller hat dementsprechend mittels Gesuchs seine Mittellosigkeit und die fehlende Aussichtlosigkeit seiner Klage zu beweisen.

Nachzahlung

Wurde einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege gewährt, befreit dies die Partei nicht endgültig von den angefallenen Kosten. Die Partei hat die Kosten zu begleichen, sobald sie dazu in der Lage ist. Dies könnte beispielsweise durch ein Erbe ermöglicht werden oder durch ein höheres Einkommen.

Infolge dieser Ausführungen kann festgehalten werden, dass in der Bundesverfassung und der Zivilprozessordnung ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege festgehalten ist, sofern eine Mittellosigkeit und Nichtaussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens vorliegt.

Unentgeltliche Rechtspfege