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Betreuungsunterhalt

Im vergangenen Jahr ist gemäss den Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) die Scheidungsrate auf knapp unter 40 % gestiegen. Als Folge einer Trennung gilt es allfällige offene, meist rechtliche Fragen zu klären. Hierzu zählen auch aus der Partnerschaft hervorgegangene Kinder und deren Betreuung. Obwohl die gemeinsame Sorge die Regel ist, führen Trennungen oft dazu, dass die Kindesbetreuung nur von einem Elternteil übernommen wird. Daraus resultiert die Frage, wie der betreuende Elternteil dafür entschädigt wird. Mit der am 1. Januar 2017 in Kraft getreten Änderung des Zivilgesetzbuchs, kommt zusätzlich zu dem Naturalunterhalt sowie Barunterhalt noch neu der Betreuungsunterhalt als weiterer Bestandteil des Kindesunterhalts hinzu.

Die gesetzliche Grundlage für den Betreuungsunterhalt bilden die Art. 276 Abs. 2 ZGB und Art. 285 Abs. 2 ZGB. Während Art. 276 Abs. 2 ZGB ausführt, dass «[…]ein jeder Elternteil nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt des Kindes und […] insbesondere die Kosten für Betreuung, […]» sorgen muss, präzisiert Art. 285 Abs. 2 ZGB, dass «[…]der Unterhaltsbeitrag […] auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte» dient. Dies macht deutlich, dass der persönlichen Betreuung seitens des Parlaments kein Vorrang vor der Drittbetreuung gegeben wird.. Beide Möglichkeiten sollen daher gewährleistet werden. Dementsprechend müssen die dadurch anfallenden Kosten des betreuenden obhutsberechtigten Elternteils durch den Betreuungsunterhalt getragen werden.

Anhand der Betreuung des Kindes durch den Elternteil ist die mögliche Erwerbstätigkeit eingeschränkt, was somit zu Opportunitätskosten, also versäumten Einkünften, führt. Dies hat zur Konsequenz, dass in vielen Fällen der betreuende Elternteil nicht für seinen eigenen Unterhalt aufkommen kann. Damit die Anwesenheit des betreuenden Elternteils trotzdem gewährleistet ist, muss dieser Ausfall finanziell aufgefangen werden. Der Betreuungsunterhalt bemisst sich daher nach den Lebenshaltungskosten des betreuenden Elternteils, sofern der Elternteil diese nicht vollständig selbst zu tragen vermag. Der Betreuungsunterhalt ist, wie der Barunterhalt, als Geldzahlung zu leisten und stellt eine Vergütung für den betreuenden Elternteil da, der seine Zeit, in welcher er normalerweise seiner Erwerbstätigkeit nachgehen würde, darauf verwendet, das gemeinsame Kind zu betreuen. Dahingehend löst die Betreuung an Wochenenden oder spätabends keinen zusätzlichen Entschädigungsanspruch des betreuenden Elternteils aus.

Anzumerken bleibt, dass der Betreuungsunterhalt zwar einen Ausgleich des Erwerbsausfalls des betreuenden Elternteils darstellt, als solcher jedoch rechtlich dem Kind zusteht. Diese Ausgestaltung des Betreuungsunterhaltes soll dazu führen, dass auch bei einer Wiederheirat oder dem Führen eines qualifizierten Konkubinats der Anspruch für den Betreuungsunterhalt nicht untergeht. Zudem soll die Zahlungsbereitschaft des Unterhaltspflichtigen dadurch positiv beeinflusst werden, da der verpflichtete Elternteil das Geld für sein Kind und nicht für den früheren Partner entrichtet. Wie zu erkennen ist, stand der Gedanke des Kindeswohls im Zentrum der Revision. Der Bundesrat wollte mit der Revision unter Anderem erreichen, dass der Zivilstand der Eltern keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeinsamen Kinder hat. Ebenfalls ist zu beachten, dass die Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind Vorrang vor anderen familienrechtlichen Unterhaltspflichten hat (Art. 276a ZGB). Abschliessend lässt sich festhalten, dass die Einführung des Betreuungsunterhalts für eine optimale Betreuung und ausgleichende Behandlung von Kindern innerhalb und ausserhalb einer Ehe sorgen soll. Ob dieses Ziel auch erreicht werden kann, wird erst die Zeit zeigen können.