Die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit Ehepaaren ist sehr aktuelles und kontroverses Thema. Soll das Institut der Ehe allen Paaren, ungeachtet deren Lebensform, offenstehen? Ist das Wohl von Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aufwachsen gewährt? Soll gleichgeschlechtlichen Paaren der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin gewährt werden? All diese Fragen und noch viele mehr bilden immer wieder den Kern politischer Vorstösse, so auch betreffend die Adoptionsrechte von Personen in eingetragener Partnerschaft.
Nicht jede staatliche Ungleichbehandlung ist auch eine Diskriminierung. Jede an ein verpöntes Merkmal knüpfende Differenzierung erweckt aber zumindest den Verdacht einer Diskriminierung (Rainer J. Schweizer, St. Galler Kommentar – BV, Art. 8, N 48) und bedarf qualifizierter Rechtfertigungsgründe (BGE 138 I 217 E. 3.3.3). Damit wären wir zunächst bei der Frage, welches die «verpönten» Merkmale sind. Unter der beispielhaften Aufzählung des Art. 8 Abs. 2 BV – Herkunft, Rasse, Geschlecht etc. - befindet sich auch das Merkmal der «Lebensform», wovon auch die sexuelle Orientierung einer Person erfasst wird (BGer 8C_594/2018 vom 5. April 2019, E. 4.3.6). Knüpft eine staatliche Ungleichbehandlung an die sexuelle Orientierung der betroffenen Person, erweckt dies zweifelsohne den Eindruck einer Diskriminierung.
Mit der Revision des Adoptionsrechts wurden die Stiefkindadoption und die Einzeladoption unter denselben Voraussetzungen wie für Eheleute auch für Personen in eingetragener Partnerschaft geöffnet. Die gemeinschaftliche Adoption bleibt gleichgeschlechtlichen Paaren in eingetragener Partnerschaft gemäss Art. 28 PartG weiterhin verwehrt (Botschaft Adoptionsrecht, BBl 2015 906 f.). Folglich liegt eine gesetzlich verankerte Ungleichbehandlung vor, welche an die sexuelle Orientierung und damit an ein verpöntes Merkmal i.S.v. Art. 8 Abs. 2 BV knüpft. Es fragt sich folglich, ob für die Rechtfertigung eines solchen Verbots qualifizierte Gründe vorliegen. Als Maxime des Adoptionsrechts, welche sowohl Ziel als auch Rechtfertigung einer jeden Adoption ist, (Breitschmid, Basler Kommentar ZGB I, Art. 264, N 19) dürfte das Kindeswohl einen solchen qualifizierten Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung darstellen. Gemäss der Botschaft zur Änderung des Adoptionsrechts unterscheiden sich jedoch Kinder, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aufwachsen, in der Entwicklung insgesamt nicht von Kindern mit heterosexuellen Eltern. Das Kindeswohl wäre auch bei einer Adoption durch ein gleichgeschlechtliches Paar gewährt.
Nichtsdestotrotz empfand der Gesetzgeber die uneingeschränkte Öffnung der Adoption für gleichgeschlechtliche Paare als nicht opportun, da in der Bevölkerung diesbezüglich weiterhin erhebliche Vorbehalte bestünden und man davon ausginge, dass für die Entwicklung der Kinder die Präsenz beider Geschlechter notwendig sei. (zum Ganzen: Botschaft Adoptionsrecht, BBl 2015 916f.) Aus Sicht des Gesetzgebers erscheint dies als nachvollziehbar. Möglicherweise wollte man damit eine gestaffelte Öffnung der Adoption erreichen, ohne das Risiko des gänzlichen Scheiterns einzugehen. Im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot i.S.v. Art. 8 Abs. 2 BV ist aber fragwürdig, ob dies als qualifizierter Grund für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung ausreicht. Es kann m.E. vorliegend eine Diskriminierung i.S.v. Art. 8 Abs. 2 BV mit guten Gründen befürwortet werden. Fest steht jedoch, dass die Gerichte aufgrund von Art. 190 BV selbst an diskriminierende Gesetze gebunden sind und diese anzuwenden haben. Angesichts der fortschreitenden Sensibilisierung im Hinblick auf die Anliegen gleichgeschlechtlicher Paare ist jedoch die uneingeschränkte Öffnung der Adoption in absehbarer Zeit zu erwarten. Dies zeigt insbesondere die parlamentarische Initiative 13.468, «Ehe für alle», welche in den Rechtskommissionen des National- und Ständerates auf Zustimmung gestossen ist.